Hausdurchsuchungen bei russischen Oppositionellen

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Einen Tag vor einer geplanten Großkundgebung von Regierungsgegnern in Moskau sind die Wohnungen mehrerer Oppositionsführer durchsucht worden. Die Opposition verurteilte das Vorgehen der Behörden und sprach von Einschüchterung. 

Die Polizei kam am frühen Vormittag. Es traf die wichtigsten Anführer der Protestbewegung: Den Blogger und Anwalt Aleksej Navalnyj, den Linkspolitiker Sergej Udalzow, die bekannte Fernsehmoderatorin Ksenia Sobtschak, den ehemaligen Premierminister Boris Nemzow und Ilja Jaschin von der Bewegung „Solidarität“. Aleksej Navalnyj meldete über Twitter: Die Ermittler nähmen alle elektronischen Daten mit, sogar CDs mit Kinderfotos – und ein T-Shirt mit dem bekannten Aufdruck „Einiges Russland – Partei der Gauner und Diebe“. Der Slogan gegen die Kreml-Partei war eine der wichtigsten Losungen vor der Parlamentswahl im Dezember geworden.

Die Durchsuchungen geschehen einen Tag vor einer erneuten Großkundgebung der Regierungsgegner. Navalnyj, Udalzow und die anderen haben erneut zu einem „Marsch der Millionen“ aufgerufen. Die Kundgebung ist mit den Behörden abgestimmt, 50.000 Teilnehmer sind zugelassen. Der Politologe Sergej Markow, ein Vertrauter von Präsident Putin, sagte dem russischen Radiosender Kommersant.fm:

„Die Hausdurchsuchungen sind eine Warnung an alle, die am 12. Juni Massenunruhen organisieren wollen. Jeder einzelne soll wissen: Er wird bestraft, wenn er die Hand gegen einen Polizisten erhebt. Und auch jeder, der über die genehmigte Kundgebung hinaus was auch immer organisiert, wird bestraft.“

Die Opposition verurteilt das Vorgehen der Behörden und spricht von Einschüchterung. Abgeordnete der Oppositionspartei Gerechtes Russland sagten, die Behörden sorgten dafür, dass die Spannungen in der Gesellschaft stiegen. Ein friedlicher, konstruktiver Dialog zwischen den politischen Lagern werde so immer schwieriger.

Ein Sprecher der Ermittlungsbehörde kündigte an, es werde heute insgesamt zehn Hausdurchsuchungen geben. Es werde wegen Anstiftung zu Massenunruhen während der letzten großen Protestdemonstration in Moskau am 6. Mai ermittelt. Die Kundgebung war von der Polizei aufgelöst worden, es gab Dutzende Verletzte. Mehrere hundert Menschen wurden festgenommen. Neutrale Beobachter weisen der Polizei einen großen Teil der Schuld für die Eskalation zu, sprechen aber auch von Provokateuren in den Reihen der Demonstranten.

Die Polizei hatte bereits in den letzten Tagen mehrere Regierungsgegner verhaftet, die an den Unruhen am 6. Mai beteiligt gewesen sein sollen.

Die Oppositionsführer Sergej Udalzow und Aleksej Nawalnyj waren bisher lediglich zu mehrtägigen sogenannten administrativen Haftstrafen verurteilt worden – wegen angeblichen Widerstands gegen die Polizeigewalt. Oppositionsvertreter vermuten, dass die Behörden nun Material sammeln, um die beiden strafrechtlich zu belangen. Der Politologe und Putin-Vertraute Sergej Markow:

„Die Ermittler suchen Beweise dafür, dass die Organisatoren am 6. Mai gar keine friedliche Kundgebung durchführen wollten, sondern von vornherein geplant hatten, Straßen zu blockieren und unter Umständen zum Kreml durchzustoßen. Das wissen eigentlich schon alle. Aber um die Verantwortlichen zu verurteilen, braucht man Beweise.“

Sergej Udalzow und die anderen Oppositionsführer müssen morgen am späten Vormittag zum Verhör erscheinen, just eine Stunde vor Beginn der Demonstration. Gut möglich, dass sie damit an der Teilnahme gehindert werden. Auch das dürfte den Zorn der Demonstranten anheizen.

Die morgige Kundgebung findet unter neuen Bedingungen statt.
Russland hat seit der vergangenen Woche ein neues, umstrittenes Versammlungsgesetz. Es sieht deutlich drastischere Geldstrafen für Verstöße gegen das Demonstrationsrecht vor.

Quellen: dpa/Deutschlandradio vom 11.06.2012

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