Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991

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Im Kalten Krieg existierten in Westeuropa zahlreiche Untergrundorganisationen, die im Fall eines sowjetischen Überfalls hinter der Front als Partisanen Sabotageaktionen ausführen sollten. Dazu wurden Kämpfer geschult und geheime Erddepots mit Waffen, Sprengstoff und Funkgeräten angelegt.

(Bild: Nato-Sitzung der Staats- und Regierungschefs 1952: Auch Luxemburg baute als Gründungsmitglied des Atlantischen Bündnisses eine „Stay Behind“-Truppe auf)

In der Bundesrepublik unterstand diese Stay-Behind-Truppe dem Auslandsnachrichtendienst BND, der eigentlich im Inland gar nicht aktiv werden sollte. Das alles geschah hinter dem Rücken der dafür zuständigen parlamentarischen Kontrollgremien, denn auch ein möglicher Putsch gegen gewählte Politiker wurde erwogen.

Erst Anfang der 1990er Jahre flogen die illegalen Netzwerke auf.

Es dauerte mehr als 20 Jahre, bis der BND Akten über seine Geheimarmee freigab und Interviews mit ehemaligen SBO-Mitarbeitern zuließ (Gladio: Bundesregierung beantwortet Fragen zu geheimen Erddepots der Nato-Untergrundarmeen).

Anhand dieser Materialien und umfangreicher CIA-Akten geben die Autoren nun einen genauen Einblick in die Aktivitäten, Personalstrukturen und Operationsszenarien der dubiosen Geheimorganisationen und fragen nach dem Funktionieren demokratischer Kontrollmechanismen.

Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991

Inhaltsverzeichnis:

Was ist Stay Behind?

Vorgeschichte und Grundlagen 15
Stay-Behind-Partisanen: Eine sowjetische Idee 15
Das Scheitern von SS und Wehrmacht bei eigenen Partisanenplanungen 16
Die Zeitenwende nach 1945 18

Der Bund Deutscher Jugend (BDJ) und sein Technischer Dienst (TD)

Das ehrgeizige Stay-Behind-Netzwerk der CIA zu Anfang der 1950er Jahre 23
Der Skandal um den Technischen Dienst des Bundes Deutscher Jugend 23
Die Entstehung des Bundes Deutscher Jugend (BDJ) 25
Erste Reaktionen auf die Entdeckung: Betroffenheit der bundesdeutschen Politik 30
Die Bundesfuhrung des Technischen Dienstes (TD): Generalstab und Geheimdienstzentrale 33
Die Partisanenschule des Technischen Dienstes: Werwolf-Romantik und ein Mord 42
Die Donelly-Zinn-Erklärung: Das Scheitern der deutschamerikanischen Untersuchungskommission 44
Leidenschaft für die Demokratie? Die problematische Rolle des Oberbundesanwalts Carl Wiechmann 47
»Fauler Zauber«: Die Bundestagsdebatte über den BDJ 50
Die politische Kampagne gegen Zinn 52
Verbot hin, Verbot her: Das Gezerre der Innenminister 54
Der BDJ in Hessen 55
Die Nordfront des BDJ: Alte Kameraden in Niedersachsen, Bremen und Hamburg 57
Das Nordlicht des BDJ: Schleswig-Holstein 65
BDJ Berlin: Der Nordosten tickt anders 66
Im Westen nichts Neues: Der BDJ in Nordrhein-Westfalen 68
Der BDJ-TD im Südwesten: Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg 69
Spagat im Freistaat: Bayern schlägt Krach und will seine Ruhe 72
»Nadelstiche in den Rüssel eines Elefanten«: Die Diskussion über den militärischen Nutzen des Partisanenkampfes 75
Die Auflösung des BDJ-TD 77

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Das Stay-Behind-Netzwerk der Karlsruher CIA-Station

Das kurze Leben der KIBITZE 81
Die »KiBiTZ-15-Show«: Das Netz des Walter Kopp 85
KIBITZ 15 im Rassenkrieg 95

Stay-Behind-Krieger jenseits der innerdeutschen Grenze

Die Kriegsplanungen amerikanischer, britischer und deutscher Nachrichtendienste fiir West-Berlin und die DDR 99
Die Berlin Operating Base: Hochfliegende Pläne und frühe Bruchlandung 99
Britische Stay-Behind-Planungen für Berlin: Ein Waffenfund im Wald 101
Ernstfallplanungen der Organisation Gehlen fiir Berlin und die SBZ/DDR 103
Mythos AsA: Die in die DDR eingeschleuste BND-Geheimarmee 111

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Panik nach der Berlin-Blockade

Die Stay-Behind-Anßinge in der Organisation Gehlen ab 1949 115
In drei Tagen am Rhein? Die amerikanische Lagebeurteilung der sowjetischen Streitkräfte 117
Erste Schritte zur Gründung der Stay-Behind-Organisation: Das F-Netz 118
Auf Freunde angewiesen: Die Evakuierungsplanungen der Organisation Gehlen 128

Ein neuer Auftrag für die Org

Der Aufbau von Flucht- und Evakuierungsrouten 1954 bis 1968 131
Britische Ressentiments: Stolpersteine auf dem Weg der Org zum BND 132
Der Aufbau des Rettungsprogramms 134
1966: Die Stunde der Wahrheit 137

Reinhard Gehlens Schattentruppe

Die Stay-Behind-Organisation des BND 1956 bis 1968 141
Die Übernahme von ausländisch geführten Netzen 142
Die Einbindung in die NATO 147
Gehlens »staatsstreichähnliche Pläne« 148
Die Entwicklung des SBO-Programms ab Ende der 1950er Jahre 151
Die Stay-Behind-Manöver des BND 153

Neue Ostpolitik und Kalte Krieger

Die Stay-Behind-Organisation des BND 1968 bis 1990 157
Pullach gegen die Hardthöhe: BND und Bundeswehr in einem spannungsreichen Verhältnis 159
Der Auftrag bleibt: Widerstand und Sabotage 161
Flucht- und Evakuierungsrouten: Evasion and Escape 169
Kampf der Schattenkrieger gegen den Bedeutungsverlust 172
Ein U-Boot für Stay-Behind-Aktionen 174
Waffen und Sprengstoff für die BND-Partisanen 175
Freundschaftsdienste für die niederländische Stay-Behind-Organisation 177
Personalprobleme im HOP-Netz 178
Verschwiegene Freundschaften: Die Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnerdiensten 181
Projekt »Brückenschlag«: Das Stay-Behind-Ausweichquartier 186
Ein neues Agentenfunksystem: Kampf um HARPOON 187
Die letzten Jahre: 1987-1990 190

Stay Behind im Visier östlicher Geheimdienste

Identifizierung von SBO-Agenten durch das MfS 193
Lauscher und Spione 195
Geknackte Chiffriercodes 197
»Danke für die gute Schmetterlingsaufnahme«: Identifizierte SBO-Agenten 198
Enttarnte Partisanen: Lebensgefahr im Falle eines sowjetischen Einmarschs 201

Stay-Behind-Kampf im Innern?

Das Rätsel der Oktoberfestbombe 203
Die Gruppe Hepp 208
Operation WANDERVOGEL 211
Geständnis oder Angeberei: »Das waren wdr!« 213
Wo war Hoffmann vor dem Anschlag? 215
War Heinz Lembke ein Schattenkrieger? 218
Woher stammten Lembkes Waffen? 224
War Lembke Überrollagent 27? 225
Ende der Ermittlungen? 226
Das Tabu: V-Leute 230

Tarnen und Täuschen

Die stille Abwicklung von Stay Behind ab 1990 233

Schlussbetrachung

Unentdeckte Schattenarmeen in Deutschland? 241 (Stay Behind und Gladio: Neue Hinweise auf Staatsterrorismus in Deutschland und Luxemburg (Videos))

Auszüge: Interview mit dem Autor

In manchen NATO-Ländern waren nicht einmal Staatschefs und Verteidigungsminister eingeweiht. Wusste das Bundeskanzleramt Bescheid?

Ulrich Stoll: Das Bundeskanzleramt war nach eigenen Angaben spätestens ab 1974 über das Stay-Behind-Konzept des BND unterrichtet. In den später 1970er Jahren war der Chef des Bundeskanzleramtes aktiv an der Diskussion über die Aufgaben des SBO beteiligt, etwa bei der Rolle des BND bei der militärischen Aufklärung im Rücken der Warschauer-Pakt -Truppen oder bei der Anschaffung eines neuen Funksystems.

Welche Rolle spielte die Bundeswehr bei Stay-Behind?

Ulrich Stoll: Eine große: 1964 erlaubte die Bundeswehr dem militärischen Teil der SBO, sich als Bundeswehreinheit unter dem Namen „Lehr- und Ausbildungsgruppe für das Fernspähwesen der Bundeswehr“ (LAFBw) zu tarnen. 1971 vereinbarten Bundeswehr und BND eine Zusammenarbeit bei der Nachrichtengewinnung. Später unterstützte die Bundeswehr die Stay-Behind-Organisation mit Flugzeugen und Schiffen bei Schleusungsübungen. Darüber gab es in den späten 1970er Jahren Sreit.

Insofern ist verwunderlich, dass mehrere Verteidigungsminister 1990 bei der Enttarnung von Stay-Behind behaupteten, nichts von der BND-Untergrundtruppe gewusst zu haben. Die Bundeswehr bestreitet bis heute, Akten zu Stay-Behind zu haben, obwohl es eine heftige Auseinandersetzung zwischen BND und Verteidigungsministerium über die militärischen Aufgaben der SBO gab. Da dieser Streit in den BND-Akten dokumentiert ist, kann es nicht sein, dass die Bundeswehr nichts davon wusste.

Wie ging die deutsche Regierung nach dem Gladio-Skandal mit dem Thema um?

Ulrich Stoll: Die Regierung Kohl drückte im Wahlkampf 1990 das Thema geschickt weg. Nach der Bundestagswahl gab es eine vierseitige Erklärung, der keine Regierung bis heute etwas hinzugefügt hat und die in Teilen heute widerlegbar ist. Nach 1990 dominierten Themen wie die DDR-Schattenwirtschaft und der Treuhand-Skandal die politische Agenda. Die Opposition wäre schlicht mit einem weiteren Untersuchungsausschuss zu Stay-Behind überfordert gewesen. Bis heute mauert die Bundesregierung – einzige Ausnahme ist die begrenzte Aktenfreigabe durch den BND.

Hier bei heise online das gesamte Interview.

Literatur:

Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991 von Erich Schmidt-Eenboom

Wiederkehr der Hasardeure: Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute von Wolfgang Effenberger

Nato-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung von Daniele Ganser

Quellen: PRAVDA TV/NATO/d-nb.info/Amazon vom 24.10.2015

Weitere Artikel:

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