Bundeswehr: Propagandistische Einflussnahme im Internet

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Die Bundeswehr fordert von ihren Soldaten die propagandistische Einflussnahme auf Diskussionen innerhalb sozialer Internetnetzwerke wie Facebook oder Twitter. Jeder Armeeangehörige, der die genannten Web 2.0-Plattformen nutze, müsse sich als „Kommunikationsmanager“ im Sinne der deutschen Streitkräfte betätigen, heißt es. Das erklärte Ziel besteht dabei darin, für das Militär relevante „Themenfelder“ frühzeitig zu identifizieren und systematisch mit eigenen Inhalten zu besetzen. Um eine entsprechende „stringente Informations- und Kommunikationsstrategie“ zu entwickeln, greift die Bundeswehr verstärkt auf die Expertise professioneller Journalisten und PR-Berater zurück. Diese empfehlen unter anderem, Propagandabotschaften zu lancieren, die mit den individuellen Vorlieben der Nutzer sogenannter Social-Media-Dienste übereinstimmen, um so in deren persönliches Informationsverhalten „einzudringen“.

Anstrengungen zur Personalwerbung

Wie die Bundeswehr erklärt, betrachtet sie die neuen sozialen Medien im Internet als zentrale Propagandaplattformen. Aufgrund der „Notwendigkeit verstärkter Anstrengungen zur Personalwerbung“ habe man die Aktivitäten bei Facebook, Youtube und Twitter „stark ausgeweitet“, heißt es.[1] Tatsächlich ist die Truppe mittlerweile auf allen Kanälen des Web 2.0 präsent; zuletzt startete sie Ende vergangenen Jahres einen Auftritt beim Fotoportal Instagram. Der Dienst, der das Betrachten von Videos und Bildern per Handy ermöglicht, wird von mehr als 200 Millionen Menschen genutzt und gilt als das am stärksten wachsende virtuelle Netzwerk der Welt. Das deutsche Militär erreichte eigenen Angaben zufolge bereits in den ersten 24 Stunden seiner Instagram-Präsenz rund 1.500 „Follower“.[2] Nach Auffassung von Kommunikationswissenschaftlern der Bundeswehr-Universität München erweisen sich die deutschen Streitkräfte damit als „attraktiv und modern“; auch stünden ihnen jetzt „alle verfügbaren Möglichkeiten offen, mehr über ihre Zielgruppe zu erfahren und sie direkt anzusprechen“.[3]

Kommunizierende Streitkräfte

Gleichzeitig fordern die Militärforscher von den Angehörigen der Bundeswehr, sich bei der Nutzung von Web 2.0-Diensten selbst als „Kommunikationsmanager“ zu betätigen: „Die Allgegenwart der Neuen und Sozialen Medien rückt das Individuum, den einzelnen Soldaten und die einzelne Soldatin, in den Fokus der Kommunikation der Streitkräfte, die mehr und mehr gezwungen werden, sich als kommunizierende Organisation zu begreifen.“ Ziel müsse sein, für die Armee relevante kontroverse „Themenfelder“ möglichst „frühzeitig“ zu erkennen und systematisch mit eigenen Inhalten zu besetzen, heißt es. Dabei sei jedoch immer das „gesellschaftliche und politische Spannungsfeld“ der jeweiligen Diskussion zu bedenken, denn gerade in Deutschland würden „Aktivitäten der Streitkräfte häufig sehr kritisch beäugt“.[4]

Mit Charme und Humor

Ein weiteres Problem sehen die Wissenschaftler der Bundeswehr darin, dass Armeeangehörige bei ihrer alltäglichen Kommunikation über Web 2.0-Plattformen möglicherweise „sicherheitsrelevante Aspekte“ nur ungenügend berücksichtigen. Abgesehen von Aussagen über Kriegshandlungen können ihrer Auffassung nach „auch scheinbar unkritische Informationen aus dem aktuellen Leben von Soldaten Operationen gefährden, Identitätsdiebstahl ermöglichen, terroristische Anschläge gegen die Streitkräfte vorbereiten helfen oder ganz allgemein dem Ruf der Streitkräfte abträglich sein“.[5] Um hier vorzubeugen, hat das „Social-Media-Team“ der Bundeswehr eigens „Guidelines“ für die Nutzung des Web 2.0 erlassen. Darin werden die Soldaten aufgefordert, sich bei ihrer Kommunikation via Internet stets als „Botschafter“ der deutschen Streitkräfte zu äußern: „Treten Sie in sozialen Netzwerken immer souverän auf, also mit Charme, klar und verbindlich, wenn möglich auch mit Humor.“[6]

„Ob Wehrmacht oder Bundeswehr…“

Umgekehrt verlangt die Bundeswehr von den Besuchern ihrer eigenen Web 2.0-Präsenzen, sich an die Regeln der „Netiquette“ zu halten und etwa keine „gewaltverherrlichenden“ Kommentare zu hinterlassen.[7] Dessen ungeachtet findet sich auf der Facebook-Seite der deutschen Streitkräfte an prominenter Stelle folgender Nutzereintrag: „Die deutsche Armee ist die beste Armee. Keine Armee kann es mit der Macht der deutschen Armee aufnehmen. Ob Wehrmacht oder Bundeswehr – die Deutschen schneiden immer am Besten ab. Vielleicht wird es mir eines Tages möglich sein, mich dieser Truppe anzuschließen.“[8]

Eine stringente Strategie

Wie die Kommunikationswissenschaftler der Bundeswehr-Universität München erklären, ist die Facebook-Präsenz integraler Bestandteil einer „stringente(n) Informations- und Kommunikationsstrategie“.[9] Um diese weiterzuentwickeln, greifen sie in letzter Zeit vermehrt auf die Expertise professioneller PR-Berater und Journalisten zurück. Sehr gefragt ist unter anderem Sascha Stoltenow, ein Reserveoffizier der auf psychologische Kriegsführung spezialisierten „Truppe für Operative Information“ (german-foreign-policy.com berichtete [10]). Stoltenow betreibt den sogenannten Bendler-Blog, der von den Münchner Militärforschern explizit für seine propagandistische Wirkung gelobt wird: „Bundeswehrangehörige, Soldaten aller Dienstgrade, nutzen die Gelegenheit diese(s) Militärblogs, sich auszutauschen und mitzudiskutieren. Dies zeigt einerseits, welches Potenzial in der Aktivierung aller Teile einer Organisation für die Kommunikation liegt, andererseits aber auch den starken Wunsch vieler Nutzer, sich kommunikativ für die eigene Organisation zu betätigen.“[11]

„In die Filterblase eindringen“

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Hohes Ansehen genießt auch Thomas Wiegold, der für verschiedene deutsche Leitmedien arbeitet und den Blog „Augen geradeaus!“ betreibt. In einem jüngst erschienenen Beitrag für die Webseite des Bundesverteidigungsministeriums empfiehlt Wiegold den deutschen Streitkräften, ihre Propagandabotschaften so zu lancieren, dass sie mit den individuellen Vorlieben derjenigen übereinstimmen, die die verschiedenen Social-Media-Dienste des Web 2.0 nutzen: „Die Digitalisierung schafft … für jeden Nutzer … die Möglichkeit, auf alle verfügbaren Informationen ungefiltert zuzugreifen, und zugleich auch die Möglichkeit, sich von dieser Informationsflut abzuschirmen. Für Journalisten, die ihre Zielgruppe erreichen wollen, wird es deshalb von entscheidender Bedeutung sein, in diese Filterblase einzudringen.“[12]

[1] Natascha Zowislo-Grünewald/Franz Beitzinger: Digitale Kommunikationsmedien für die Streitkräfte – Grenzen, Gefahren und Perspektiven. Reader Sicherheitspolitik 4/2013. www.bmvg.de 03.12.2013.
[2] Die Bundeswehr jetzt auch auf Instagram. www.bundeswehr.de 07.11.2014.
[3] Hans-Joachim Reeb/Natascha Zowislo-Grünewald/Franz Beitzinger: Editorial: Social Media für die Bundeswehr. Reader Sicherheitspolitik 4/2013. www.bmvg.de 03.12.2013.
[4], [5] Natascha Zowislo-Grünewald/Franz Beitzinger: Digitale Kommunikationsmedien für die Streitkräfte – Grenzen, Gefahren und Perspektiven. Reader Sicherheitspolitik 4/2013. www.bmvg.de 03.12.2013.
[6] Social Media-Guidelines. www.bundeswehr.de 03.01.2014.
[7] Netiquette. www.bundeswehr.de 03.01.2014.
[8] Michael Gross auf www.facebook.com/Bundeswehr 11.01.2015. Im Original lautet der Text: „The German army is the best army. No army can stand against the might of the German army. From the Wehrmacht to the Bundeswehr the Germans will always come out on top. Maybe one day I will be able to join their ranks.“
[9] Hans-Joachim Reeb/Natascha Zowislo-Grünewald/Franz Beitzinger: Editorial: Social Media für die Bundeswehr. Reader Sicherheitspolitik 4/2013. www.bmvg.de 03.12.2013.
[10] Siehe dazu Feuer frei und Military-Scientific Community (I).
[11] Natascha Zowislo-Grünewald/Franz Beitzinger: Digitale Kommunikationsmedien für die Streitkräfte – Grenzen, Gefahren und Perspektiven. Reader Sicherheitspolitik 4/2013. www.bmvg.de 03.12.2013.
[12] Thomas Wiegold: Journalismus über Militär und Krieg im digitalen Zeitalter. Reader Sicherheitspolitik 1/2015. www.bmvg.de 07.01.2015.

Quelle: german-foreign-policy.com vom 19.01.2015

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