
Eine BBC-Dokumentation schneidet Trumps Worte so, daß sie wie ein Aufruf zur Gewalt wirken. Nach massiver Kritik tritt Generaldirektor Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness zurück.
Die Manipulation einer Trump-Rede hat für die BBC weitreichende Konsequenzen: Generaldirektor Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness sind zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, daß in einer Dokumentation zentrale Aussagen des US-Präsidenten irreführend zusammengeschnitten worden waren.
Wie britische Medien berichten, trat Davie am Sonntagabend nach zwanzig Jahren bei der BBC zurück. Auch Turness, die seit 2022 die Nachrichtenabteilung leitete, legte ihr Amt nieder.
Beide begründeten ihre Entscheidung mit der Verantwortung für „Fehler, die nicht hätten passieren dürfen“.
Im Zentrum der Kontroverse steht die BBC-Sendung „Panorama“. In einer Dokumentation über Donald Trump wurde eine Passage aus dessen Rede vom 6. Januar 2021 – dem Tag des Sturms auf das Kapitol – so bearbeitet, daß zwei voneinander getrennte Stellen unmittelbar aufeinander folgten.
Dadurch entstand der Eindruck, Trump habe seine Anhänger direkt zur Gewalt aufgerufen. (Machtkampf zwischen Politik und Justiz: Zölle in Gefahr: Wie Trump vor dem Supreme Court wankt)
Kulturministerin will BBC-Skandal aufarbeiten
Tatsächlich hatte der damalige Präsident zunächst gesagt, man werde „zum Kapitol marschieren und unsere tapferen Senatoren und Abgeordneten anfeuern“.
Erst später in der Rede sagte er den Satz, „wir kämpfen, kämpfen wie der Teufel“. In der BBC-Version standen beide Aussagen unmittelbar nebeneinander – eine Montage, die den Sinngehalt der Rede drastisch veränderte.
Die britische Kulturministerin Lisa Nandy sprach am Sonntag von „äußerst schwerwiegenden Vorwürfen“ und forderte eine umfassende Aufklärung.
Sie habe bereits mit dem BBC-Vorsitzenden Samir Shah gesprochen, der am Montag vor einem Parlamentsausschuß aussagen soll. Mehrere Medien rechnen mit einer offiziellen Entschuldigung und internen Konsequenzen.
Ein BBC-Sprecher kündigte an, Shah werde eine „ausführliche Antwort“ auf die Vorwürfe vorlegen. Intern soll ein Untersuchungsteam eingesetzt worden sein, um die redaktionellen Abläufe der Sendung zu überprüfen.
Systemische Voreingenommenheit
Die Dokumentation mit dem Titel „Trump: A Second Chance?“ war Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl 2024 ausgestrahlt worden, die Trump überraschend gewann.
Seitdem steht die BBC zunehmend unter Druck: Kritiker werfen ihr vor, politisch einseitig zu berichten und die gebotene journalistische Neutralität zu verletzen.
Auch aus den Reihen der Regierung wird inzwischen über strukturelle Probleme in der BBC diskutiert. Es gehe, so Nandy, nicht nur um eine einzelne Sendung, sondern „um eine Reihe sehr schwerwiegender Vorwürfe, von denen der schwerwiegendste lautet, daß es bei der Berichterstattung über kontroverse Themen eine systemische Voreingenommenheit gibt“.
Der britische Ex-Premierminister Boris Johnson: „Großbritanniens öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nutzt eine tragende Sendung, um offensichtliche Unwahrheiten über unseren wichtigsten Alliierten zu verbreiten. Wird jemand Verantwortung übernehmen?“, schrieb der Tory-Politiker am Sonntag abend auf dem Kurznachrichtendienst X.
„Es ist eine absolute Schande.“ Die Partei selbst fordert eine Untersuchung zur betreffenden Sendung. Es handle sich um „extrem beunruhigende“ Enthüllungen, die die Marke und den Ruf der Sendeanstalt untergraben könnten, sagte der Tory-Unterhausabgeordnete Nigel Huddleston dem Daily Telegraph.
Auch Trumps Sohn Donald Jr. zeigte sich entsetzt. „Die Lügenpresse-‘Reporter’ in Großbritannien sind genauso unehrlich und labern genauso viel Scheiße wie jene in Amerika“, beklagte er auf X.
BBC-Nachrichtenchef spricht von „normaler Praxis“
Konkret habe der Sender kurz vor der US-Präsidentschaftswahl 2024 im Politmagazin „Panorama“ die Rede verzerrt dargestellt, berichtet The Daily Telegraph unter Berufung auf einen Whistleblower.
Demnach hätten die Verantwortlichen zwei unterschiedliche Abschnitte aus dem Kontext gerissen und zusammengefügt, um anzudeuten, der US-Präsident würde im Zusammenhang mit seinen Wahlfälschungsvorwürfen nach der Wahlniederlage 2020 zur Gewalt aufrufen.
„Wir werden zum Kapitol laufen, ich werde mit euch da sein. Und wir werden kämpfen. Wir werden wie verrückt kämpfen, denn wer nicht wie verrückt kämpft, wird sein Land für immer verlieren“, heißt es darin.
Das Magazin ließ allerdings den Teil weg, in dem der Republikaner betonte, der Protest solle friedlich bleiben. Den „Kampf“ erwähnte er knapp eine Stunde später in seiner Rede. Dabei bezog er sich auf jene, die zuvor für ihn an der Wahlurne gestimmt hatten.
„Die meisten würden da um 21 Uhr stehen, und ich möchte ihnen dafür sehr danken, bevor sie zu ihrem Alltag zurückkehren. Aber ich habe gesagt, da ist was faul, sehr faul sogar, konnte nicht passieren. Also kämpfen wir.“
Die Sendung wurde im reichweitenstärksten Sender Großbritanniens, BBC One, zur Primetime ausgestrahlt. Einen Hinweis darauf, daß die Rede verkürzt dargestellt worden war, gab es nicht. Die Verantwortlichen wiesen die Beschwerden zurück.
„Es gab keine Absicht, die Zuschauer bezüglich Trumps Ansprache vor den Kapitol-Ausschreitungen in die Irre zu führen. Es ist eine normale Praxis, Reden zu kurzen Clips zu verarbeiten“, zitiert das 19seitige Dossier den stellvertretenden BBC-Nachrichtenchef Jonathan Munro.
Arabische BBC-Redaktion verbreitete Hamas-Propaganda
Auch die Fragen, weshalb eine Analyse der Gegenkandidatin Kamala Harris ausgeblieben sei, seien abgewürgt worden. Laut Munro sei es nicht notwendig, „Begleitsendungen auszustrahlen, um dem Ausgewogenheitsgebot gerecht zu werden“.
Das Dossier des inzwischen ehemaligen BBC-Mitarbeiters zählt auch weitere Mängel auf, berichtet The Daily Telegraph weiter.
Demnach würde die Sendeanstalt Beiträge zu Transgender-Themen „praktisch zensieren“ und deren arabischsprachiger Dienst bei der Berichterstattung zum jüngsten Nahostkrieg eine antiisraelische Schlagseite aufweisen.
Ein Gast etwa, der dazu aufgerufen habe, die Juden „wie Hitler es tat“ zu verbrennen, sei insgesamt 244mal innerhalb von 1,5 Jahren in den Sendungen des Auslandsdienstes aufgetreten. Auch habe die arabischsprachige Redaktion anders als ihre Kollegen in London einen Hamas-Terroranschlag in Tel Aviv als „militärische Operation“ bezeichnet.
Die 1922 gegründete öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist die älteste solche Institution der Welt und diente als Vorbild für die deutschen Öffentlich-Rechtlichen nach dem Zweiten Weltkrieg. Labour-Kulturministerin Lisa Nandy hatte noch im Oktober nicht ausgeschlossen, daß die BBC ab 2027 durch Werbung finanziert werden darf.
Aktuell finanziert sie sich hauptsächlich durch eine jährliche Fernsehgerätsgebühr in Höhe von umgerechnet 198 Euro.
Quellen: PublicDomain/JUNGE FREIHEIT am 10.11.2025











