Ausschreitungen beim Aktionstag gegen Kapitalismus in Frankfurt – Eigene Reportage

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Nach Auseinandersetzungen mit der Polizei und zerworfenen Schaufenstern endete am Samstagabend in Frankfurt die als „antikapitalistischer Protesttag“ ausgerufene Demonstration Tausender Menschen mit der Auflösung durch die Sicherheitskräfte. Die von einzelnen Teilnehmergruppen geplante Besetzung der Baustelle für den neuen Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) gelang nicht. Am Abend erklärte die Polizei die Veranstaltung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit für beendet.

Aufgerufen zu dem Protest hatten bundesweit rund 200 linke Gruppen, zusammengeschlossen im Bündnis „M31“ (31. März). Für Samstag waren Demonstrationen in mehr als 40 europäischen Städten angekündigt. Am Frankfurter Hauptbahnhof versammelten sich am Mittag der Polizei zufolge etwa 3.000 Menschen, die Organisatoren zählten 5.000 Protestteilnehmer. „Wir wollen den Kapitalismus nicht retten, sondern überwinden“, sagte ein Redner der „Basisgewerkschaft“ Freie Arbeiter und Arbeiterinnen Union (FAU).

Angemeldet und genehmigt war dann eine Demonstration durch die Innenstadt bis vor den EZB-Bauplatz im Osten der Stadt. Während des Protestzugs kam es zu Ausschreitungen, bei denen aus der Demonstrantenmenge heraus Pflastersteine auf ein Büro- und Geschäftshaus geworfen wurden. Rund ein Dutzend große Schaufensterscheiben gingen dabei zu Bruch.  Ein Passant wurde der Polizei zufolge durch einen Steinwurf leicht verletzt und ein schwerverwundeter Polizist liege auf der Intensivstation, sagte ein Polizeisprecher. Der Beamte sei unter anderem von Steinen getroffen worden, zudem wurden mehrere Autos beschädigt.

Neben Pflastersteinen flogen auch Farbbeutel, die die Fassade des Luxushotels „Frankfurter Hof“ trafen. Der eigentliche Protest der Demonstranten richtete sich vom Lautsprecherwagen herab derweil gegen das „falsche System Kapitalismus“ und die EU-Krisenpolitik.

Was Politiker zunächst als Staatshaushalts-, Schulden- und dann als Eurokrise bezeichneten, sei tatsächlich eine globale systemische Krise des Kapitalismus, erklärte der FAU-Sprecher weiter. „Für ein ganz anderes Ganzes“, stand auf Transparenten von Demonstranten. Auf halbem Weg zur EZB-Baustelle blieb der Protestzug dann stecken.

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Wegen „schwerer Straftaten“ nahm die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 100 Demonstranten fest und brachte sie nach und nach weg.
Dabei kam es zu Schlagstockeinsätzen. Die Demonstrationsleitung sprach von „Einkesselungen und Störmanövern“.

Zwei Stunden verharrten die Protestteilnehmer und wollten ihren Zug dann in Abänderung der genehmigten Route zur Konstablerwache zurück in die Innenstadt fortsetzen. Am Mainufer in Höhe der Alten Brücke löste die Polizei die Veranstaltung auf, dem kamen die Demonstranten mit ihrem Abzug nach. Die von einzelnen Protestgruppen beabsichtigte Besetzung der EZB-Baustelle fiel ebenso aus wie die geplante Abschlusskundgebung am Ostbahnhof.

Quelle: (Foto 1 und 7 Reuters)PRAVDA-TV/nh24.de vom 31.03.2012

PRAVDA-TV Reportage:

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Ich treffe die Demonstranten bei trüben Wetter gleich gegenüber dem Hauptbahnhof auf, in Eintracht wartend auf den Beginn der Demo. Ich bin fasziniert von der großen Anzahl der Teilnehmer. Reden werden gehalten und der Marsch beginnt, wir gehen die Kaiserstraße entlang, in Richtung EZB-Bank…Parolen werden von den Demonstranten gesungen…doch dann sehe ich die Absperrung und die unmittelbare Präsenz der Einsatzkräfte…

Die Polizei wirkt die gesamte Anfangszeit über sehr einschüchternd und überdimensioniert…beschützt die Fassaden der Gebäude und später werfen dennoch (obwohl?) Demo-Teilnehmer Scheiben ein…am Kaiserplatz wird die Demonstration gestoppt, wegen diesen Vorfällen…unschöne Aktion…

Die Teilnehmer marschieren, rechts runter am Frankfurter Hof vorbei und dann wieder links auf die Berliner Straße, die zur Batonnstraße wird. Stopp. Beim Frankfurter Hof kommt es zu einem Zwischenfall…Demonstranten sollen von Zivilpolizisten provoziert worden sein…

Zwischen drin geraten die Emotionen außer Kontrolle…eine verbale Auseinander- setzung…

Es ist halb so wild…die Polizisten stehen Spalier, damit der Demonstrationszug zusammen bleibt. Niemand will ausreissen…

Der Butler (engl. Diener, Mundschenk) des Staates? Ein Gewaltmonopol…

Auf dem Weg von hier nach dort, sehe ich diese Jungs versteckt in einem Hof…

Nachdem wir ungeplant die Kurt-Schumacher-Straße passieren, werden wir weiter nach rechts auf die Lange Straße geleitet. Hinter mir kommt es zu der Einkesselung einiger Demoteilnehmer. Wir sehen Leuchtkugeln fliegen…ich muss an Griechenland denken…

An der Kreuzung kommt es zur Sperrung durch die Polizei. Wir stehen fast 2 Stunden mit den Polizisten Face-to-Face…eine explosive Stimmung…

…erst wird die eingekesselte Gruppe durchsucht, wir stehen immer noch dort, dann wird ein Anwalt geschickt der verhandeln soll, wir stehen immer noch dort, erst nicht durchgelassen, dann doch, wir stehen immer noch dort, plötzlich soll die Gruppe noch mal durchsucht werden…es kommt zu einem Handgemenge…

Ich fühle mich zunächst unsicher, ich bleibe ruhig, beobachtend und journalistisch objektiv…kurz scheint es zu kippen, aber dann beruhigt sich die Lage…an Nebenstellen der Demo kommt es zu Schubsereien…die Polizei sieht alles…

Ein merkwürdiges Abzeichen auf einem Helm…

Nachtrag: „Komm und hol sie Dir“ bedeutet „Molon Labe“…stammt aus Sparta…

Dann sehe ich noch einen Schlüsselanhänger von Jack Daniels an der Hose eines Polizisten…

Wir marschieren zurück und ich fühle mich frei, endlich die Demonstration weiter zum neuen EZB-Gebäude zu begleiten, doch in Höhe der Obermainanlage bringt eine erneute Polizeisperre die Demo zum Stillstand…

Diese Einsatztruppe der Polizei weiss erst nicht, ob wir durchgelassen werden können…

Mehrere Teilnehmer rennen die Straße weiter…dann wird der Zugang zur Obermainanlage verstellt…der Mann mit dem Megaphon besänftigt die Gemüter…für einen kurzen Moment fühle ich mich erdrückt, ohne Freiheit, gefangen zwischen den polizeilichen Absperrungen…

Die Polizei zieht sich zurück und der Marsch wird fortgesetzt…doch nicht nach links auf die EZB-Bank zu, sondern nach rechts auf die Schöne Aussicht…die Sonne kommt zum Vorschein – vor uns die dominante Polizei-Eskorte…

Auf unserem Weg zurück in Richtung Konstablerwache werden im Hintergrund wieder Knallgeräusche hörbar, bis wir zwischen Ignatz-Bubis-Brücke und Alte Brücke von der Polizei gestoppt werden…

Die Polizei teilt mit, dass die Kundgebung aufgelöst wird, wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Kein Durchgang. Nach Minuten sollen vereinzelt Demonstranten freigegebene „Durchlass-Stellen“ begehen, damit keine Gruppenbildung stattfindet…weil die Polizei nichts tut, gehen die anderen Teilnehmer zurück…während von der Brücke her neue Polizeiwagen anrücken – hangle ich mich nah an der Brücke die Mauer ab…

Wieder oben angelangt, folge ich einigen friedlichen Teilnehmern…überall sind Polizeisirenen zu hören…die Demonstranten biegen nach links ab und ich gehe quer am Dom vorbei, schneide den Laufweg, ich fühle mich aufgepusht, ob da was komme…ich laufe die Domstraße hoch um nach links auf die Berliner Straße abzubiegen, so kann ich den Weg kreuzen…auf einmal kommt von rechst ein Trupp Polizisten gelaufen, im Trab…bin mitten im Pulk…ich überhole alle und sehe dann dieses Fenster…

Die Szenerie ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen, viele kleine Gruppen von Demonstranten und Polizisten sind jetzt in der Stadt unterwegs…

Die Mehrzahl der Teilnehmer und der Polizisten waren aus meiner Sicht friedlich, auf beiden Seiten gab es Hitzköpfe…Sach- und Personenschäden sind wohl unvermeidbar… hoffentlich wird der verletzte Polizist wieder gesund und es sind keine weiteren Menschen zu Schaden gekommen.

Auf meinem Rückweg zum Hauptbahnhof, bin ich voller Eindrücke und nehme den Umweg über das Occupy-Camp. Siehe da, von links rückt die Polizei an und sperrt den Zugang am Theater ab.

Während ich das Camp durchschreite sehe ich ausschliesslich Camp-Bewohner, bis auf ein paar junge Menschen mit Fahnen der Demo, 10 bis 20…keine Randalierer…die Polizei rückt aus und geht in der Stadt auf die Suche…

Es waren intensive fünf Stunden in Frankfurt, dennoch bin ich froh nicht direkt im Brennpunkt gewesen zu sein…mal nah dran und dann wieder weit weg…unglaublich welche Wut Menschen aufbringen…obwohl es um die Zukunft geht, im Hier und Jetzt.

Keine Seite hat Schuld, denn diese Krise betrifft uns alle und es hat keinen Sinn Gewalt anzuwenden, denn nur als eine Stimme für das Große und Ganze werden wir eine neue Menschheit erschaffen, ohne ein aufgesetztes System, stattdessen organisch und ungeplant aus sich heraus, in respektvoller Harmonie mit dem einzigartigen Dasein. Solange wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen, kommen die anderen davon. Es geht nur zusammen!

Noch eine Videodokumentation von M31:

http://march31.net/de/2012/news-de/m31-videodokumentation/

Viel Liebe 🙂

About aikos2309

19 comments on “Ausschreitungen beim Aktionstag gegen Kapitalismus in Frankfurt – Eigene Reportage

  1. das mit dem helm ist seltsam. wieso ist der textilbespannt und die anderen nicht? der bildausschnitt lässt noch nicht mal erkennen, dass es tatsächlich ein helm ist.

    ein polizist, der sich mit kernigen spartaner-sprüchen auf der uniform schmückt, wenn er zu so einem einsatz abgestellt wird, sollte dringend mal psychologisch begutachtet werden.

    ich würde mich jedoch nicht verbürgen, dass es sich tatsächlich um den helm eines polizisten handelt. kann man das bild nicht mal grösser reinstellen, um evtl. zweifel auszuräumen, vielleicht auch das gesicht zeigen, das dazu gehört? dieses patch ist zumindest ein verstoss gegen die dienstverordnung.

    ansonsten: gute bilder, gute erläuterung, alles nachvollziehbar.

    gruss, piedro.

    1. …mein erster Gedanke zielte in Richtung Sparta und Troja…auf jeden Fall ist das der Helm des Polizisten. Ich habe noch einen größeren Bildausschnitt, wenn Du magst schicke ich Dir den per @ zu…fand das Patch ziemlich beunruhigend…als ich den Polizisten auf das Patch angesprochen habe, bekam ich nur eine bohrenden Blick und Schweigen als Antwort…danke für das Lob 😉 Viel Liebe 🙂

      1. die bilder sind von dir? da ist dir wirklich ein netter schnappschuss gelungen. er macht bereits die runde. im elo-forum zb. ein bohrender-blick-portät wäre nicht schlecht, vielleicht steht er dir noch mal modell… ist bestimmt ein fotogener bursche…

        kannst du das hier nicht um ein grösseres bild ergänzen?

      2. Ja, nur die beiden markierten Fotos oben sind von Reuters, siehe Quellenangabe, der Rest ist von mir…ich setze noch ein weiteres Bild ein…

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