
Der Mandela-Effekt ist ein rätselhaftes Phänomen. Das uns unser Gedächtnis manchmal einen Streich spielt, ist nicht ungewöhnlich. Doch wie kann es sein, dass eine breite Masse an Menschen plötzlich falsche Erinnerungen hat?
Die Wissenschaft nennt das den Mandela-Effekt. Nach Meinung von Beobachtern scheint er seit 2022 zugenommen zu haben. Was steckt dahinter? Ein Essay von Frank Schwede
Wir alle kennen das, wenn wir uns falsch an etwas erinnern. Wir sind uns beispielsweise sicher, dass ein konkretes Ereignis stattgefunden hat, obwohl es erwiesenermaßen ganz anders war.
Das kommt aber nicht nur bei Einzelpersonen vor, sondern auch im Kollektiv. In diesem Fall sprechen Psychologen vom Mandela-Effekt. Das Phänomen der kollektiv falschen Erinnerung an eine Sache oder an Informationen.
Beispielsweise haben Millionen Amerikaner geschworen, dass die Freiheitsstatue immer auf Ellis Island gestanden hat. Die Wahrheit ist, dass sie dort nie gestanden hat, sondern schon immer auf Liberty Island.
Ein weiteres Beispiel ist das berühmte ovale Ford-Logo auf blauem Untergrund. Hatte es schon immer die geschwungene Schleife im F? Viele sind sich Hundertprozentig sicher, dass die Schleife früher nicht war. Schaut man sich aber historische Firmenlogos an, sieht man, dass die Schleife schon immer da war.
2012 behauptete ein Physikstudent, der unter dem Namen Reece bloggt, dass sich die Schreibweise der in den USA populären Kinderbuchreihe The Berenstain Bears von Stan und Jan Berenstain seit seiner Kindheit geändert hätte. (Zeitlinienverschiebung: Das Abenteuer der Neuen Erde beginnt)
Früher wäre sie mit „Berenstein“ betitel gewesen. Reece fand auch gleich eine Erklärung dafür. Laut seiner Theorie handele es sich dabei um quantenmechanisches Phänomen. Vereinfacht erklärt eröffnet nach Vorstellung von Reece in einem Multiversum jedes Ereignis eine neue Zeitlinie und damit einen eigenen Kosmos für sich.
Manchmal aber stößt die abweichende Realität auf die Wirklichkeit und manifestiert sich in den abweichenden Erinnerungen. Diese wären laut Reece ein Beweis, dass es mehrere Varianten unserer Existenz gibt. Die Vorstellung von Paralleluniversen ist inzwischen eine der gängigsten Erklärungen für die Anhänger des Mandela-Effekts.
Der Name kommt daher, dass dieses Phänomen erstmals bei den kollektiv falschen Erinnerungen um den südafrikanischen Aktivisten und Freiheitskämpfer Nelson Mandela beobachtet wurde.
Nach Meinung von Beobachtern scheint das Phänomen seit 2022 immer häufiger aufzutreten – und gerade jetzt scheint eine neue Welle angekommen zu sein, die selbst erfahrene Skeptiker ratlos zurücklässt.
Mittlerweile ist so gut wie jeder Bereich unseres Alltags von dem Phänomen betroffen, selbst vor Länder scheint es nicht halt zu machen. Ein Reddit-Benutzer behauptet, er habe einen Weltatlas von 1994 gefunden, der Südamerika direkt unter Nordamerika zeige, wo viele Leute schwören, dass es früher weiter nach Osten verschoben war.
Nur eine mentale Störung?
Andere glauben, dass sich die Landmasse Japans auf den Karten verändert habe, dass es zu kurvig und anders abgewinkelt sei. Gleich Hunderte von Menschen glauben sogar, dass sich der gesamte Pazifik verändert hat.
Es wird auch gerne behauptet, dass sich die Sprache verändert hat. Wörter hätten demnach nicht mehr die Bedeutung, die sie früher hatten, was aber im Grunde genommen nicht ungewöhnlich ist. Mit Blick auf die Literatur sollte jedem auffallen, dass sich Sprache und Ausdruck im Laufe der Geschichte regelmäßig verändert haben.
Handelt es sich beim Mandela-Effekt möglicherweise um eine mentale Störung oder passiert gerade wirklich etwas Seltsames? Vielleicht ist ja der Mandela-Effekt bloß eine konsequente Reaktion auf unsere kindliche Erinnerungsarbeit. Wie schreibt der Ethnologe Marc Augé: „Man muss die nahe Vergangenheit vergessen, um die ferne Vergangenheit wiederzufinden.“
Viele haben das Gefühl, als würde die Realität versuchen, Veränderungen an uns vorbei zu schleusen – nur fangen wir gerade an, das zu bemerken. Aber warum nimmt gerade jetzt das Phänomen zu?
Theoretiker behaupten, dass wir es lediglich mit einem Interneteffekt zu tun haben. Eine nicht zu widerlegende Tatsache ist: wir sind vernetzter als je zuvor, sodass wir ständig unsere Erinnerungen vergleichen und dabei selbstverständlich auch Unterschiede entdecken.
Das heißt, ein einzelner Reddit-Post kann über Nacht einen neuen Mandela-Effekt auslösen – aber das erklärt nicht alles. Reece geht, wie bereits oben erwähnt, in seiner Theorie von der Vermutung aus, dass wir es mit einem Zeitlinienphänomen zu tun haben. .
Parallele Realitäten könnten aufeinandertreffen, gelegentlich rutscht eine Erinnerung aus Zeitlinie A in Zeitlinie B und unser Gehirn erinnert sich an beide und weiß nicht, welche richtig oder falsch ist.
Was aber ist mit den zahlreichen Beweisen wie VHS-Kassetten, Bücher oder Produktediketten, die nicht in die aktuelle Zeitlinie passen? Wenn dieses Phänomen tatsächlich nur rein psychologischer Natur ist, wieso existieren dann all die Dinge, mit den man leicht beweisen kann, dass man nicht Gaga ist?
Was ist also wahrscheinlicher? Haben sich Millionen von Menschen alle falsch an die gleichen Dinge erinnert oder sind es Hinweise auf eine tiefere, beunruhigende Veränderung im Gefüge der Realität?
Psychologen haben dazu eine neue Theorie entwickelt, die den Mandela-Effekt erklären soll: Die Timeline-Editing-Hypothese. Sie legt nahe, dass etwas oder jemand unbekanntes absichtlich die Realität verändert, die Geschichte nicht löscht, sondern sie lediglich neu bearbeitet.
Manipuliert CERN unsere Realität?
Doch wer ist dieser Jemand? Könnte es sich um zukünftige Menschen, eine Geheimorganisation oder, viel schlimmer noch, um ein Massen-Experiment handeln, bei dem getestet werden soll, wie viel Veränderung das Kollektiv toleriert, bevor es den Schwindel bemerkt?
Und dann gibt es da noch die KI-Einfluss-Theorie. Aufgrund der Tatsache, dass KI zunehmend Daten verwaltet, Inhalte bearbeitet und sogar Informationen online korrigiert, könnte sie Geschichten in Echtzeit neu schreiben.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Quantenbewusstsein. Einige Physiker gehen davon aus, dass das menschliche Bewusstsein tief mit Quantenprozessen verknüpft ist.
Während sich das kollektive Bewusstsein weiterentwickelt, stellen wir uns möglicherweise häufiger auf alternative Zeitlinien ein. Das Problem daran ist, wer kann etwas Gesichertes zu alternativen Zeitlinien sagen, nicht einmal die Quantenphysik vermag dies bisher
Und nicht zu vergessen CERN. Im Jahr 2022 wurde der Large Hadron Collider erneut in Betrieb genommen – und zwar mit Rekordleistung. Seitdem häufen sich die Berichte über Mandela-Effekte. Ist auch das bloß ein Zufall oder hat CERN in unserer Realität ein winziges Loch gerissen?
Alle diese beschriebenen Theorien deuten auf eine erschreckende Möglichkeit hin: Unsere Realität ist nicht festgelegt, sie ist fließend und etwas könnte Wellen in sie bewegen. Sind wir also tatsächlich Zeuge einer Manipulation?
Stellen sie sich vor, sie wachen morgens auf und wissen, dass sie ein bestimmtes Zitat in einem alten Schulbuch gelesen haben. Sie googeln und überprüfen es bei Wikipedia und stellen zu ihrer Überraschung fest, dass es das Zitat überhaupt nicht gibt.
Das Dumme daran ist, sie erinnern sich, es irgendwann einmal gelesen zu haben. Automatisch werden sie sich die logische Frage stellen: Wenn das Internet behauptet, dass dieses Zitat nicht existiert, wie kommt es dann in mein Gedächtnis?
Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Geschichte quasi über Nacht neu geschrieben wurde. Eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache ist, im Zeitalter des Internets wird unsere Erinnerungen mehr denn je nicht vom Kollektiv, sondern von Algorithmen bestimmt.
Google bearbeitet Ergebnisse auf Grundlage dessen, was es für relevant hält. Wikipedia-Seiten können von jedermann bearbeitet werden, KI-Sprachmodelle basieren auf sich ständig ändernden Datensätzen und jeden Tag wird ein größerer Teil unserer Realität digital und nicht physisch gespeichert.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass die KI, wenn sie auf Grundlage aktualisierter, verzerrter oder veränderter Daten trainiert ist, die Vergangenheit neu schreibt, ohne dass es sofort auffällt.
Das Internet in der Rolle eines Geschichtsbuchs
Das Internet ist zu einem Geschichtsbuch geworden, das sich wie von Zauberhand nicht nur einmal, sondern ständig in Echtzeit ändert. Und jetzt gibt es mithilfe der Deep-Fake-Technologie sogar die Möglichkeit, Nachrichten zu verändern oder ganz zu löschen.
Fotos und Videos können leicht manipuliert werden, um zu beweisen, dass etwas nie passiert ist oder dass etwas passiert ist, obwohl es in Wahrheit nicht geschehen ist. Viele, vor allem ganz junge Menschen, verlassen sich mittlerweile vollständig auf das digitale Gedächtnis, ohne zu merken, dass es unzuverlässig ist.
Einige Theoretiker glauben, dass dies kein Zufall ist. Sie behaupten, wir befänden uns mitten in einer KI-gesteuerten Neuformatierung der Realität – doch gleichzeitig sind da die seltsamen Erinnerungsfetzen, an denen wir festhalten. Sie könnten die einzigen noch verbliebenen Überreste der Originalversion sein.
Viele Menschen berichten, dass sie noch im Besitz alter VHS-Kassetten, Bücher und Verpackungen sind, die beweisen können, dass wir es mit einer veränderten Realität zu tun haben.
Manche sind beispielsweisen der felsenfesten Überzeugung, dass im Logo der Modemarke „Fruit oft he Loom“ ein Füllhorn zu sehen ist. Doch das ist falsch. Das Modelabel hatte schon immer nur die Früchte ohne Füllhorn in seinem Logo.
Sogar Regierungsdokumente stehen nach Meinung von Beobachtern häufig im Widerspruch zu dem, was die offizielle Geschichte sagt. Daten, die oft nicht mit historischen Ereignissen übereinzustimmen scheinen. Skeptiker behaupten, dass dies schlicht Fehler seien, Gläubigen hingegen sprechen von Beweisen.
Beweise, dass die Vergangenheit nicht vergänglich ist, dass sie sich weiterentwickelt und manchmal vergisst, der Gegenwart Platz zu machen.
Werfen wir noch kurz einen Blick auf die interessante und durchaus vorstellbare Theorie, dass es sich bei dem Phänomen um einen Massentest handelt. Die CIA hat in der Vergangenheit mit ihrem MK-ULTRA-Programm versucht, den Geist ihrer Opfer mithilfe von Drogen und psychologischer Konditionierung zu kontrollieren.
Später nutzte dieselbe Organisation im Rahmen der Operation Mockingbird die Medien, um bestimmte Narrative und die öffentliche Meinung zu manipulieren, was auch gegenwärtig noch geschieht.
Haben wir es tatsächlich wieder mit einem geheimen Experiment zu tun, stellt sich natürlich die Frage, wer der Initiator ist und welches Ziel dahintersteckt. Wenn es darum geht, die Realität umzuschreiben, wäre der Mandela-Effekt tatsächlich das perfekte Mittel.
Wer entscheidet, was bleibt und was geht?
Sie fangen klein an, ändern zunächst Firmenlogos und Filmzitate und beobachten, wie die Menschen darauf reagieren. Die Frage ist: wie weit könne sie gehen, bevor der Schwindel auffliegt?
Eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle in dem Spiel übernehmen wieder mal die sozialen Medien. Sie sind algorithmische Echokammern. An diesem Ort gewinnt eine Idee schnell an Zugkraft, ganz egal wie verrückt sie ist, weil plötzlich Millionen Nutzer daran glauben.
Beispielsweise könnte der Mandela-Effekt kein Zufall sein, sondern er wurde bewusst ausgelöst, um die Reaktion der Nutzer zu beobachten, Daten zu sammeln und zu testen, wie das kollektive Gedächtnis funktioniert und auf Veränderungen reagiert.
Einige Beobachter spekulieren sogar, dass die KI selbst der Beobachter ist, der unsere Reaktion analysiert und bereits den nächsten Test verfeinert. Wenn man eine Gesellschaft davon überzeugen kann, dass ihr Gedächtnis fehlerhaft ist, kann man sie von so gut wie allem überzeugen.
Wenn wir es tatsächlich mit einem Massenexperiment zu tun haben, was wurde sonst noch geändert, von dem wir noch nichts wissen? Manche Menschen behaupten, sich an Kriege zu erinnern, die nie stattgefunden haben oder an Zeitplänen, in denen wichtige politische Persönlichkeiten Jahrzehnte früher starben.
In einem bizarren Fall berichten Menschen, dass sie sich an einen US-Präsidenten namens Thomas Whitmore erinnern, einen Mann, der nie existiert hat. Auf den ersten Blick klingt das nach einer klaren Verwechslung mit Bill Pullmans Charakter aus „Independence Day“.
Aber die Erinnerungen beinhalten reale politische Details, Kabinettsmitglieder und Nachrichtenberichte, die selbst in der Fiktion nicht existieren sollten. Und dann ist da noch die beunruhigende Vorstellung von verschwundenen Orten, die auf keiner Karte mehr erscheinen.
Bleibt am Ende die Frage. Was passiert, wenn aus diesen kleinen Veränderungen irgendwann in absehbarer Zeit große werden? Wenn sie ein Logo ändern können, können sie auch die menschliche Anatomie verändern, die Geographie und die Geschichte – und das ohne Vorwarnung.
Viele Menschen glauben, dass dies bereits der Beginn zu etwas großem ist, zu einem Neustart der Geschichte. Eine umfassende Neufassung der Realität. Andere sagen, wir sind bereits in der neuen Version angekommen und spüren nur noch die Nachwehen.
Wer entscheidet, was bleibt und was geht? Sogar wir selbst könnten ohne Vorwarnung neu geschrieben werden. Eine geradezu quälende Vorstellung.
Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 20.05.2025

