Projekt „MK-Ultra“: Der Giftmischer der CIA auf den Spuren des menschlichen Geistes  

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Der US-Chemiker und Psychiater Sidney Gottlieb war ein Meister seines Fachs und ging in die Geschichte der CIA aufgrund seiner skrupellosen, pseudowissenschaftlichen Experimente an Geist und Körper als Folterer ein. Er war eine Art „verrückter Wissenschaftler“ der Popkultur. Von Frank Schwede

Sidney Gottlieb, der im Alter von 80 Jahren starb, war alles, was man sich von einem verrückten Wissenschaftler in einem Schundroman über die CIA vorstellt. Und er war jemand, der wusste, was er machte.

Sidney Gottlieb war das, was man einen Reisenden durch die Psyche nennt. Sein Beruf führte ihn tief in die geheime Welt Washingtons. Zwei Jahrzehnte lang hatte Gottlieb bei der CIA die Erforschung von Techniken der Bewusstseinskontrolle (Mind Control) geleitet.

Er hat jahrelang medizinische Experimente und Versuche mit speziellen Verhörpraktiken geleitet, bei denen Hunderte von Menschen auf brutalste Art gefoltert und die Persönlichkeit von vielen für immer gebrochen wurde.

Gottlieb rechtfertigte seine Arbeit im Namen der Wissenschaft und des Patriotismus. Bis zum Schluss. Bis sich endlich sein Gewissen meldete, er einen Schlussstrich unter sein altes Leben zog und etwas wieder gut machen wollte. Doch der Reihe nach.

Bei der CIA war Gottlieb eine Art Genie, jemand, der für sein Land auf den Spuren der Grenze des menschlichen Geistes unterwegs war und gleichzeitig auf der Suche nach dem religiösen und spirituellen Sinn seines eigenen Lebens war. Er diente zwei Jahrzehnte lang als leitender Wissenschaftler und hütete einige der dunkelsten Geheimnisse der CIA.

 

Als US Präsident Winston Churchill von einer Welt sprach, die das dunkle Licht der pervertierten Wissenschaft noch dunkler macht, bezog er sich auf die schauderhaften Experimente deutscher Naziärzte in den Konzentrationslagern.

Doch genauso gut hätte er die Arbeit von Sidney Gottlieb beschreiben können, denn was Gottlieb und seine treuen Handlanger im Namen der Wissenschaft bei der CIA taten, unterschied sich nur wenig von den Taten der Naziwissenschaftler.

Gottlieb war bekannt für seine Experimente mit Drogen. Besonders LSD hat es ihn angetan – doch Drogen waren nicht seine einzige Waffe gegen die Feinde der CIA. Auch Mordkomplotte gehörten zu seiner Spezialität.

Die Geheimprogramme der Nachkriegszeit geben einen tiefen Einblick in das Denken und die Möglichkeiten einer Großmacht während des Kalten Krieges. Heute sind sie ein Stück Zeitgeschichte.

Reichlich Mengen an LSD

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Was heute äußerst bizarr und skurril anmutet, war damals todernst gemeinte Forschung, die heute eher als pseudowissenschaftlich und ohne wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn gilt, gleichzeitig zeigt sie, wie groß die Furcht der USA vor einer Niederlage gegen das kommunistische Regime der Sowjetunion war.

Für die CIA war wie auch für das Militär und andere US-Institutionen der Kalte Krieg lediglich eine Fortsetzung des Zweiten Weltkriegs. Nur mit anderen Mitteln. Man glaubte aufgrund von Spekulationen und Gerüchten zu wissen, dass die Sowjetunion über das Wissen verfüge, Menschen zu programmieren, um sie beispielsweise als Auftragskiller einzusetzen.

Natürlich musste mit einem eigenen Programm darauf geantwortet werden. Das war die Geburtsstunde für das Programm „MK-Ultra“ und die große Stunde für Sidney Gottlieb, schließlich spielte er als Leiter und Mastermind eine sehr wichtige, aber lange verdeckt gebliebene Rolle.

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Gottlieb war von 1951 bis zu seiner Pensionierung 1972 bei der CIA in unterschiedlichen, stets verschleierten und nur wenigen Personen bekannten Positionen tätig.

Das bekannteste von Gottlieb geleitete Geheimprogramm war „MK-Ultra“, das sich mit Gedankenkontrolle beschäftigte. Die von Gottlieb geleiteten Experimente fanden vor allem in den 1950er und 1960er Jahren statt. Und sie waren eins, ausgesprochen brutal und unmenschlich.

Den Opfern wurde oftmals ohne ihr Wissen und ihr Einverständnis LSD in reichlichen Mengen verabreicht. Zum Teil fanden die geheimen Experimente sogar in Krankenhäusern und Gefängnissen statt.

Unter anderem beauftragte Gottlieb einen Beamten namens George Hunter White, Prostituierte anzuheuern, die Männer in Washingtoners Bars aufgriffen und in ein CIA-Bordell brachten. White beobachtete die Auswirkungen durch Einwegspiegel und nippte zur Beruhigung an den typischen Martinis der CIA.

In San Francisco wurde sogar eine eigens eine verwanzte Wohnung eingerichtet, in die die Opfer von einem Mittelsmann der CIA mitgenommen wurden, um ihnen heimlich Psychopharmaka zu verabreichen.

Die CIA war vor allem daran interessiert, wie sich Drogen auf das Sexerlebnis auswirkten und ob die Opfer nach dem Sex gesprächiger wurden. Das Geschehen wurde von der Nachbarwohung aus beobachtet und aufgenommen.

Generalmajor William Creasey vom Chemiekorps der US-Armee hatte eine noch viel perfidere Idee. Er argumentierte, es sei weitaus humaner, LSD in die Wasserversorgung einer Stadt zu mischen, als sie zu bombardieren.

149 Gedankenkontrollexperimente

Währenddessen verabreichten Gottliebs Mitarbeiter auf einer Farm, einer CIA-Einrichtung im US Bundesstaat Maryland, Armeeoffizieren LSD. Dr. Frank Olsons erster LSD-Trip löste tiefe Depressionen und Paranoia aus. Schließlich sprang er aus einem oberen Stockwerk des New Yorker Hilton in den Tod.

Gottliebs langjähriger Kollege John Gittinger erklärte in einem Interview, die CIA habe bewusstseinskontrollierende Drogen getestet, weil sie von der großen Angst getrieben war, dass entweder die Sowjetunion oder die Chinesen an LSD gelangen könnten. Er und sein Chef Gottlieb waren der Überzeugung, dass die USA mit allen Mitteln kämpfen mussten.

Laut dem Buch Poisoner in Chief: Sidney Gottlieb and the CIA Search for Mind Control von Stephen Kinzer starben bei den Experimenten zahlreiche Menschen, andere spürten für den Rest ihres Lebens die Nachwirkungen der Überdosierungen.

Genaue Zahlen liegen bis heute nicht vor, da zahlreiche Dokumente und Unterlagen des Projekts nach dessen Ende vernichtet wurden. Ein Großteil von Sidney Gottlieb persönlich.

Bekannt ist aber, dass Gottliebs Forschungsprogramm letztlich zu 149 Gedankenkontrollexperimenten führte, bei denen in mindestens 25 Fällen ahnungslosen Versuchspersonen heimlich LSD verabreicht wurde.

Damit verstießen Gottlieb und seine Mitarbeiter eindeutig gegen die Standards, nach denen deutsche Nazi-Ärzte in den Nürnberger Prozessen verurteilt und hingerichtet wurden.

Das urteilt John Marks, ein ehemaliger Mitarbeit der CIA in seinem Buch In Search oft he Manchurian Candidate, die gründlichste von zahlreichen veröffentlichten Untersuchungen zu „MK-Ultra“.

Mithilfe von Drogen, vor allem psychoaktiven wie LSD, sollte die bisherige Persönlichkeit der Versuchspersonen gelöscht und der ideale willfährige Agent des Staates geboren werden. Eine Killermaschine im Namen des Staates.

Das Opfer sollte von seinem Auftrag nichts bewusst wissen und ihn erst etwa auf ein Codewort oder einen anderen sinnlichen Reiz hin wie ein Roboter ohne Bewusstsein für die eigene Gefährdung durchführen. Dadurch sollte vor allem die Möglichkeit des bewussten oder unbewussten Verrats der Mission ausgeschlossen werden.

Gottlieb selbst wird als recht umgänglich und karrierebegeistert beschrieben. Obwohl er einen Klumpfuß hatte und deshalb nicht, wie von ihm selbst gewünscht, als Soldat im Zweiten Weltkrieg dienen konnte, war Gottlieb Zeit seines Lebens ein begeisterter Tänzer.

Am Ende bereute er und wollte etwas wiedergutmachen

Sein Lebensstil wird als atypisch beschrieben, eine Art Proto-Hippie-Lifestyle. Statt in der Großstadt, lebte Gottlieb zurückgezogen auf einem Bauernhof, weit von seinem Labor entfernt, und züchtete Ziegen.

Auch LSD nahm er Hunderte Male selbst zu sich. Allerdings nicht in hohen Dosen, die er seinen Patienten verabreichte. In seinem Arbeitsumfeld herrschte stets die Furcht, unfreiwillig LSD verabreicht zu bekommen. Etwa im Kaffee oder in Softdrinks.

Die Angst war nicht unbegründet. Gottlieb beschäftige sich auch mit der geheimen Verabreichung von LSD in Bars und Restaurants. Dazu überredete er den Magier und ehemaligen Schüler des damals bekannten Magiers und Zauberkünstlers Harry Houdin, John Mullolland, ein Lehrbuch zu schreiben, das sogar Eingang in die CIA-Schulungen fand. Mullhollands Buch wurde erst unlängst wieder aufgelegt.

LSD war nicht Gottliebs einziger Beitrag zum Kampf gegen Amerikas Feinde. Auf Befehl verschiedener CIA-Direktoren nutzte er auch seine chemischen Kenntnisse, um etwa ein vergiftetes Taschentuch für einen Iraker, einen vergifteten Pfeil für einen Kongolosen und ein ganzes Arsenal vergifteter Geschenke, vor allem Zigarren, für den kubanischen Revolutionsführer und Staatspräsidenten Fidel Castro zu entwickeln..

Am Ende bereute Gottlieb, was er anderen angetan hat. Er war zwanzig Jahre lang Leiter von „MK-Ultra“. Als er 1973 in den Ruhestand ging, war er zu dem Schluss gekommen, dass seine Experimente nutzlos waren. Die CIA verlieh ihm dennoch die Distinguished Intelligence Medal.

Anfang der 1970er Jahre war auch die Zeit, in der das Schaffen Gottliebs und der CIA durch einen Untersuchungsausschuss ins Licht der Öffentlichkeit rückte. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt bereits viele Akten, die Details über die Experimente und auch die Opfer enthielten, aus den Archiven verschwunden und vernichtet.

Sideney Gottlieb, der zuletzt in einem Hospiz arbeitete und sich um Sterbende kümmerte, als wolle er etwas wiedergutmachen, starb am 7. März 1999. Er hinterließ seine Frau Margaret, zwei Söhne und zwei Töchter.

Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 07.05.2025

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