
Wie Gedanken entstehen, ist noch immer eines der größten Rätsel der Wissenschaft. Seit der Antike ist bekannt, dass Gedanken einen enormen Einfluss auf die körperliche und seelische Gesundheit haben. Psychologen behaupten sogar, dass die Welt ein Spiegel unserer Gedanken ist. Was ist tatsächlich dran an der Macht der Gedanken und können sie tatsächlich Krankheiten heilen? Von Frank Schwede
Ob man will oder nicht, ständig jagen uns Gedanken durch den Kopf. Selbst dann, wenn man versucht, an absolut nicht zu denken, sind sie da. Bis heute ist noch immer nicht klar, wie ein Gedanke entsteht und was er genau ist, obwohl schon seit über 5000 Jahren darüber geforscht wird.
Die enorme Macht und Kraft der Gedanken, wird von vielen Menschen noch immer unterschätzt. Tatsache ist aber, dass unsere Gedanken massiv beeinflussen, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und wie wir auf bestimmte Ereignisse reagieren.
Nach Ansicht von Psychologen sind unsere Gedanken und Gefühle häufig das Resultat unserer Erfahrungen und Erlebnisse aus der Kindheit und Jugend – egal, ob positiver oder negativer Art.
Gedanken steuern, wie wir uns fühlen und wie wir eine Situation einschätzen – unabhängig davon, wie die Lage tatsächlich ist. Durch Gedanken entsteht nämlich aus der Projektion eine Realität. Erst unsere Bewertung aufgrund eines Gedanken macht aus dem an sich neutralen Ereignis etwas Positives oder Negatives.
Der Gedanke an sich ist unsichtbar wie ein Geist, nicht greifbar, messbar oder fassbar und trotzdem ist er da und beschäftigt uns, mal mehr und mal weniger intensiv.
Gedanken lösen Gefühle aus. Unangenehme Gefühle machen auf Dauer krank. Psychologen sehen darin das eigentliche Problem. Denken wir an etwas Positives, fühlen wir uns in der Regel gut, kreisen unsere Gedanken um ein Problem, bekommen wir nicht nur schlechte Laune, sondern können langfristig sogar erkranken.
Seit der Antike ist bekannt, dass Gedanken einen enormen Einfluss auf die Gesundheit haben. Damals bezeichnete man es noch als Einbildungskraft. Doch seitdem Forscher den Placebo-Effekt durch bildgebende Verfahren sichtbar machen können, ist das Interesse an der Macht unserer Gedanken enorm groß geworden.
In der Medizin spricht man vom Placebo-Effekt, wenn Patienten Scheinmedikamente verabreicht werden, die keinerlei Wirkstoff enthalten. Trotzdem verspürt ein Großteil der Patienten nach deren Einnahme eine Linderung der Symptome.
Gedanken können Berge versetzen
Warum ist das so? Allein der Gedanke, dass der Körper etwa durch ein bestimmtes Medikament oder durch eine Therapie Hilfe bekommt, reicht oft aus, den Selbstheilungsprozess zu aktivieren. Gedanken können bekanntlich Berge versetzen.
Für einige Psychologen sind Gedanken sogar die stärkste Medizin. In einer Reihe von Experimenten konnte nachgewiesen werden, dass Gedanken den Blutzuckerspiegel beeinflussen, beim Abnehmen helfen und sogar messbar verjüngen können.
Doch das Problem ist, dass Gedanken nur schwer unter Kontrolle zu bringen sind. Der Großteil unserer Gedanken entsteht nach Ansicht von Experten unbewusst und ist oft an alte Gedankenmuster geknüpft.
Aus rein psychologischer Sicht betrachtet, handelt es sich bei Gedanken um elektrische Impulse, die ihrerseits elektrische und chemische Reaktionen im Gehirn auslösen. Hinzu kommt, dass Denken ein ständiger Prozess ist, der aus dem Nichts entsteht und nur schwer zu beeinflussen ist.
Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, Informationen zu verarbeiten und zu bewerten. Sobald daraus ein Gedanken wird und wir ihn formulieren, dringt er in unser Bewusstsein.
Mehr noch: Was wir denken, strahlen wir nach außen aus und ziehen es in unser Leben. Psychologen sprechen in diesem Fall von einer Art selbsterfüllenden Prophezeiung, ein Resonanzphänomen.
Dahinter verbirgt sich das Gesetz der Anziehung, dass davon ausgeht, dass sich innere Zustände im Äußeren widerspiegeln. Auf den Punkt gebracht heißt das: was wir ausstrahlen und nach außen abgeben, ziehen wir an. Das heißt, unsere Gedanken sind wie ein Magnet.
Oft merken wir aber nicht, wie unsere Gedanken unser Leben manipulieren und eine Wahrheit konstruieren, die mit der Realität oft nichts zu tun hat.
Ursächlich dafür sind oft prägende Erlebnisse aus der Kindheit, beispielsweise Kränkungen durch Eltern, Lehrer oder Mitschüler, Gefühle von Ohnmacht, Verrat und Vertrauensverlust.
Andersrum können Gedanken auch eine heilende Wirkung auf Krankheiten haben. Die US-Medizinerin und Autorin von Mind over Medicine, Lissa Rankin, ist der festen Überzeugung, dass Willenskraft in Verbindung mit der Gedankenwelt einen großen Einfluss auf den Genesungsprozess haben.
Inzwischen sind nämlich mehr als tausend Fälle bekannt, bei denen vermeintlich unheilbar Kranke für vollständig genesen erklärt wurden, weil sie fest an eine Heilung geglaubt haben. Laut Medizinern stecken dahinter messbare Eigenheilungskräfte wie sie auch vom Placebo-Effekt bekannt sind.
Oft entscheiden unsere Gedanken sogar über Leben und Tod
Deepak Chopra, Internist und Autor zahlreicher spiritueller Bücher, berichtet von einem Mann, der sich über einen Zeitraum von 25 Jahren keinem Gesundheitscheck unterzogen hat.
Als er eine Lebensversicherung abschließen wollte, wurde war dieser aber Bedingung. Dabei entdeckten Ärzte einen großen dunklen Fleck auf seiner Lunge und diagnostizierten diesen als inoperablen Lungenkrebs.
Nach nur wenigen Monaten starb der Mann. Deepak Chopra fand später in den Unterlagen des Mannes 25 Jahre alte Röntgenaufnahmen mit demselben dunklen Fleck.
Das heißt, der Mann hat 25 Jahre mit einem angeblich inoperablen Lungenkrebs gelebt. Möglicherweise deshalb, weil er davon nichts gewusst hat. Letztlich wurde er nicht von seiner vermeintlichen Krankheit getötet, sondern von der Diagnose.
Eine Diagnose, an die er fest glaubte, die er keine Sekunde anzweifelte. Egal, ob sie richtig oder falsch war.
In einem anderen Beispiel erhielt ein Patient von seinem Hausarzt nach einer vertauschten Blutprobe die Diagnose Leukämie. Der Arzt teilte seinem Patienten mit, dass er nur noch maximal ein halbes Jahr zu leben hätte.
Der Patient fand sich zunächst mit der Diagnose ab, ohne eine zweite Blutuntersuchung vornehmen zu lassen. Erst Monate später, als es dem Patienten zunehmend schlechter ging, und er bereits die klassischen Symptome einer Leukämie zeigte, stellte sich heraus, dass die Blutproben vertauscht wurden.
Wäre der Irrtum nicht rechtzeitig aufgedeckt worden, wäre dieser Patient vermutlich an eine Krankheit gestorben, die er gar nicht hatte. Diese zwei Beispiele zeigen auf geradezu deutliche Weise, wie unser Denken unsere Körperfunktionen beeinflusst.
Sie zeigen aber auch, dass Heilung auf unterschiedliche Weise geschehen kann, dass jeder selbst entscheidet, welchen Weg er geht und dass Selbstheilungskräfte besonders dann einsetzen, wenn Menschen kraft ihrer Gedanken unerschütterlich an Heilung glauben und ihre innere Einstellung, ihre Gedanken und ihre Sichtweise auf ihr Leben ändern.
Wie weit die Macht unserer Gedanken reicht, hängt im Wesentlichen davon ab, wie weit wir uns auf sie einlassen. Wichtig ist in jedem Fall, sich über die Kraft der Gedanken bewusst zu werden.
Der menschliche Körper ist ein mächtiges Instrument, je mehr wir über unsere eigenen Höhen und Tiefen und Stressfaktoren wissen, desto besser ist es möglich, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und innere Blockaden zu lösen.
Laut dem britischen Mediziner Vernon Coleman ist der menschliche Körper dazu in der Lage, 90 Prozent der Krankheiten selbst zu heilen. Die Selbstheilung wird aber von gewissen Umständen beeinflusst.
Beispielsweise von außen durch Keime und von innen durch psychischen Stress. Dazu zählen auch negative Gedanken, die den Selbstheilungsprozess hemmen. Das heißt, der Stress überfordert den Selbstheilungsprozess und der Körper ist nicht mehr dazu in der Lage, sich gegen den Krankheitsprozess zu wehren. Im Umkehrschluss heißt das, dass positive Gedanken den Selbstheilungsprozess wesentlich fördern.
Forscher sind sich schon lange einig bezüglich der Tatsache, dass eine Kausalität zwischen Körper und Geist besteht und die Selbstheilung die Schulmedizin sinnvoll ergänzt.
Gesteuert werden unsere Gedanken unwillkürlich und durch das Zusammenwirken der neuronalen Netze im Gehirn.
Während man noch immer dabei ist zu verstehen, wie wir die Macht der Gedanken auf positiver Weise nutzen können, ist die Wissenschaft seit ein paar Jahren in der Lage, die Kraft der Gedanken durch Neurotechnologie zu erhöhen.
Der brasilianische Arzt und Neurowissenschaftler Miguel Nicolelis war der Erste, der eine Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer herstellte und auf diese Weise einer Ratte dazu verhalf, Dinge außerhalb ihres Körpers zu bewegen.
Mittlerweile kann man auf ähnliche Weise sogar Autos und Flugzeuge steuern. Allerdings können Gedanken über Neurotechnologie auch von außen manipuliert werden. Da stellt sich schnell die Frage, wie lange unsere Gedanken noch frei sind.
Geist-Körper-Medizin: Die Kunst der Selbstheilung
Bevor wir die aktuelle Entwicklung der Mind-Body-Medizin (MBM) beleuchten können, müssen wir sie klar definieren. Was verbirgt sich also hinter dem Begriff? Nach der Definition des auf Naturheilkunde spezialisierten Immanuel Krankenhauses Berlin bezeichnet die Mind-Body-Medizin die gegenseitige Beeinflussung von Geist, Psyche, Körper und Verhalten. Sie untersucht auch die Auswirkungen von Gefühlen, Gedanken, Einstellungen sowie sozialen und spirituellen Aspekten auf die Gesundheit.
MBM wird als begleitender Baustein zur Schulmedizin und Naturheilkunde angeboten , nicht als Ersatz dafür. Es soll uns in unserem Selbstheilungsprozess unterstützen und uns dazu anregen, aktiv an der Erhaltung unserer Gesundheit mitzuwirken.
Im ersten Schritt betrachtet die Mind-Body-Medizin Körper und Geist als Team. Nachfolgende Konsequenzen können sowohl schulmedizinische als auch naturheilkundliche Behandlungen oder Methoden zwischen beiden Bereichen sein. All dies ist bei MBM nicht ausgeschlossen – denn der erste Ansatz ist das Wichtigste.
Der Beginn der Mind-Body-Medizin
Historisch gesehen hatte die Mind-Body-Medizin ihren ersten großen Auftritt im Jahr 1982, als ein spannender Artikel in der New York Times erschien: Der Harvard-Kardiologe Dr. Herbert Benson untersuchte den Temperaturunterschied von Mönchen während der Meditation. Sie erhöhten ihre Körpertemperatur so stark, dass sie sogar Leinentücher trockneten.
Um es in den Kontext zu setzen: Vor 40 Jahren war die Vorstellung, dass wir unser autonomes Nervensystem und die damit verbundenen Funktionen wie Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur willentlich beeinflussen könnten, kaum vorstellbar. Stress galt zudem ausschließlich als Reaktion auf bestimmte Reize und war mit vielen esoterischen Vorurteilen behaftet. Dr. Benson begab sich also auf unbekanntes Terrain.
Ihm war bewusst, dass das Thema viel Skepsis und Vorurteile hervorrufen würde. Deshalb versuchte er, die Forschung so wissenschaftlich wie möglich anzugehen. Es dauerte bis 2001, bis das von Dr. Benson bei den Mönchen beobachtete Phänomen wissenschaftlich untersucht werden konnte.
Bei Experimenten in einem französischen Kloster zeigte sich, dass die Mönche ihren Sauerstoffverbrauch um 60 % senken konnten: Ein Beweis dafür, dass sie ihre Körperfunktionen allein durch ihre Gedanken veränderten. Die Begeisterung für die Meditationsforschung wuchs. Seit 2006 gibt es nun das Benson-Henry-Institut für Mind-Body-Medicine an der Harvard Medical School, wo Forschung, Behandlung und Lehre stattfinden.
Selbstheilung: Eine alte Idee
Doch die Idee der Selbstheilung ist nicht wirklich neu. Schon im 3. Jahrhundert ging der griechische Arzt Gelen davon aus, dass Gesundheit der Normalzustand sei und sich durch innere Regulationsprozesse ständig eine Tendenz zum inneren Gleichgewicht einstelle.
Ähnlich verhielt es sich mit Paracelsus , Arzt und Naturphilosoph, im 16. Jahrhundert: Das Zusammenspiel von „Medicus und Archaeus“ birgt eine ordnende Kraft, die zur Heilung beiträgt. Der Arzt war somit eher Unterstützer als Heiler. Und Medizin bedeutete, mit der Natur zusammenzuarbeiten – ihre Heilkraft zu unterstützen.
Und selbst in der Schulmedizin taucht der Glaube an die Selbstregulation in Form des Placebo-Effekts immer wieder auf. Um das Placebo-Mysterium für einen Moment zu lüften: Es handelt sich um die Fähigkeit unseres Körpers, sich ohne den Einfluss von Medikamenten selbst zu heilen, oft mit Unterstützung seiner eigenen psychischen Kräfte.
Dieser Effekt tritt sowohl in der Schulmedizin, als auch in der Naturheilkunde auf – er hat also, obwohl noch nicht vollständig erforscht, nichts mit Hokuspokus zu tun. Die Selbstheilung unseres Körpers, die uns bei einer harmlosen Erkältung ganz natürlich unterstützt, bildet den Ansatz der Mind-Body-Medizin.
Wie unser Körper sich selbst heilt
Der große Durchbruch von Dr. Henry Benson kam mit der Entdeckung der „ Entspannungsreaktion “. Diese Technik erklärt als Teil des MBM die persönliche Fähigkeit, den Körper zur Muskelentspannung zu bringen, Organe zu verlangsamen und die Durchblutung des Gehirns zu erhöhen. Kurz gesagt: Sie ist der Gegenspieler der Kampf-oder-Flucht-Reaktion, der uns hilft, unter Stress Höchstleistungen zu erbringen.
Die Entspannungsreaktion leitet eine tiefe Entspannung ein, die unseren Parasympathikus aktiviert. Ein kleiner Exkurs in die Biologie: Der Parasympathikus ist Teil unseres autonomen Nervensystems und verantwortlich für Körperfunktionen, die unserer Regeneration und dem Aufbau von Energiereserven dienen.
Somit kann diese Entspannung eine wirksame Behandlung stressbedingter Erkrankungen sein – und diese treten in der Gesellschaft immer häufiger auf. Denn mit der Aktivierung des parasympathischen Nervensystems hat unser Körper beste Voraussetzungen für einen Heilungsprozess. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, diesen Zustand herbeizuführen.
Progressive Muskelentspannung, Massage, Atemtechniken, Tai Chi und vieles mehr. Und ja – auch Meditation kann uns helfen, mit einer „Entspannungsreaktion“ zu reagieren.
Entspannungsreaktion in 7 Schritten
Eine Möglichkeit, eine Entspannungsreaktion hervorzurufen, beschreibt Dr. Herbert Benson in seinem Buch „ The Relaxation Response “.
- Bringen Sie sich in eine bequeme Position.
- Schließe deine Augen.
- Körperscan: Gehen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit Ihren Körper entlang, von den Füßen bis zum Kopf. Entspannen Sie die verschiedenen Körperteile.
- Atmen Sie durch die Nase und denken Sie beim Ausatmen „eins“ ( oder ein anderes beruhigendes Wort, das keine Assoziationen hervorruft ).
- Machen Sie die Übung 10–20 Minuten lang. Setzen Sie sich anschließend für einige Minuten hin und halten Sie die Augen eine Weile geschlossen.
- Nehmen Sie während der Übung eine passive, beobachtende Haltung ein und lassen Sie die Entspannung auf Ihrer Ebene geschehen.
- Die Übung sollte 1–2 Mal täglich durchgeführt werden, vorzugsweise mindestens zwei Stunden nach dem Essen.
Laut Dr. Benson sollte die Medizin künftig auf drei Säulen basieren: Medikamente, medizinische Interventionen und Selbstfürsorge.
Dazu gehört nicht nur ausreichend Entspannung, sondern auch eine ausgewogene Ernährung, Bewegung und die Veränderung kontraproduktiver Verhaltensweisen. Das ist also Mind-Body-Medizin: eine Wissenschaft zur Heilung und Prävention, die Körper und Geist verbindet.
Quellen: PublicDomain/medium.com am 06.06.2025


Ist Krankheit ansteckend, so ist auch das Gegenteil wahr: Gesundheit ist ansteckend.