
Russland ist wirtschaftlich in Bedrängnis? Im Bereich Düngemittel steht Putin gut da gegenüber Europa. Eine Analyse.
Vom Branchenchef der russischen Düngemittelindustrie lässt sich Präsident Wladimir Putin über die aktuelle Marktlage ins Bild setzen. Wie bei Erdgas und LNG geht es um höhere Produktions- und Exportmargen, um den europäischen Markt mit Dumpinglieferungen abhängig zu machen und in die Knie zu zwingen.
Russland setzt auf hohen Marktanteil
Russland, besser gesagt, die russische Wirtschaft braucht unbedingt einen Erfolg. Den sieht Putin jetzt in einem neuen Wirtschaftszweig, der Düngemittelindustrie.
Hier lud er den Präsidenten des russischen Verbands der Düngemittelhersteller, Andrej Gurjew, wie früher den Gazprom-Chef Alexej Miller zum Rapport in den Kreml am 17. Juli.
Der Marktanteil russischer Düngemittel hat in Europa mit 30 Prozent eine Größenordnung wie einst die Gaslieferungen von Gazprom eingenommen. (Geopolitikanalyst warnt: Schaffen Sie sich einen Lebensmittelvorrat für zwei Jahre an!)
Es hat bei den europäischen Importanteilen eine Art Umverteilung von Gas- auf Düngemittel stattgefunden. Billiges Gas senkt indessen in Russland die Kosten in der Herstellung von Düngemitteln, die dann zu Dumpingpreisen den europäischen Markt überschwemmen und dortige Düngemittelproduzenten in Schieflage bringen.
„Wir verfügen über 30 Prozent der Importe nach Europa, d. h. Europa importiert 17 Millionen Tonnen, davon 5,5 Millionen Tonnen russische Mineraldünger.
Auf solch eine Produktmenge zu verzichten und durch neue zu ersetzen, ist eine ziemlich schwierige Aufgabe. Und natürlich wehren sich die Bauernverbände heute entschieden dagegen“, brachte es Gurjew auf den Punkt.
Krieg auf dem Acker gewinnen
Ein europäischen Importverbot von Düngemitteln aus Russland hält der Branchenpräsident in drei Jahren für möglich. „Aus wirtschaftlicher Sicht und im Interesse der eigenen Landwirtschaft ist das meines Erachtens völliger Unsinn“, so Putin.
Bereits die Begrenzung russischer Billiggasimporte habe in der europäischen Chemieindustrie zu Stillstand geführt, bemerkte Gurjew. „Nicht nur dort – auch die Glasherstellung. Dort gab es eine Kette negativer Folgen“, konterte darauf Putin.
Solch eine Kette soll beiden zufolge in der Lebensmittelindustrie in Europa mittels Düngemittel um sich greifen. Mit hohem Marktanteil und großer Abhängigkeit Europa manövrierunfähig zu machen, ist demnach das Ziel. Steigende Düngerpreise sollen den Rest besorgen.
„Der Preisanstieg für Mineraldünger wird letztlich zu Ernteeinbußen führen. Europa wird bald vielleicht nicht mehr nur Getreideexporteur, sondern -Importeur ebenso wie die Ukrainer sein“, machte Gurjew seine Drohung komplett. Aufgrund der neuen EU-Zölle rechnet er mit einem Preisanstieg um bis zu 30 Prozent.
Die hohen Düngemittelkosten in Verbindung mit einem Importverbot aus Russland werden seiner Ansicht nach die EU-Landwirte dazu zwingen, Anbauflächen zu reduzieren und höhere Subventionen zu beantragen.
Der Krieg soll offenbar auch auf dem Acker gewonnen werden bzw. zum Sieg auf dem Schlachtfeld beitragen.
Absatz ist sicher
Um sich selbst gegen sinkende Abnahmemargen aus Europa zu wappnen und Effekte aus Zollerhöhungen und möglichen Sanktionen zu dämpfen, gelten BRICS-Staaten wie Indien und Afrika Indien als Ausweichkanäle für mehr Absatz. Die Lieferungen nach Indien hätten sich bereits vervierfacht.
Seit 2013 sind die Düngemittelexporte Russlands um 60 Prozent auf 42 Millionen Tonnen gestiegen, was vor allem auf das dynamische Wachstum der Lieferungen an befreundete Länder zurückzuführen ist, berichteten russische Medien im Juli.
„Wir haben keine Angst vor Zöllen oder Tarifen, der Markt ist groß. Wichtig ist, dass wir speziell auf den BRICS-Markt übergehen. Der BRICS-Markt deckt heute fast 50 Prozent des gesamten Mineraldüngerverbrauchs ab, und dieser Markt wird wachsen“, erklärte Gurjew gegenüber Putin.
Als weltweit größter Exporteur wird Russland seinen Angaben zufolge in diesem Jahr 65 Millionen Tonnen Mineraldünger produzieren und somit zwei Millionen Tonnen mehr als im letzten Jahr. Bis 2030 soll der Anteil an der weltweiten Produktion von derzeit 20 auf 25 Prozent steigen.
Russland warnt vor hohen Preisen
Bei alledem sind laut Gurjew Produzenten begrenzt, wenn Europa seine Importe diversifizieren will. Stehe China hier an der Spitze, folge kurz dahinter Russland. Als nächstes komme Marokko bei Phosphordünger. Bei Phosphor- und Kalidünger folgten dann die USA und Kanada. Belorussland sei ebenfalls ein zentraler Lieferant von Kalidünger, warf Putin ein.
„Ja, und Kalidünger – natürlich aus Belorussland. Daher wird die Verlagerung solch großer Mengen zunächst zu einem Preisanstieg führen, vor allem in der Logistik, da die Ketten neu aufgebaut werden müssen.
Dementsprechend wird all dies letztlich beim Landwirt ankommen. Darüber hinaus haben die Europäer bereits heute die höchsten Selbstkostenpreise für die Produktion von Mineraldüngern“, konstatierte Gurjew.
Wie beim Gas führen Putin und Gurjew steigende Kosten ins Feld, um Sanktionen zu verhindern. Die Rechnung, die beide im Gespräch vorführten, soll Stärke demonstrieren.
Steigende Lebensmittelpreise will Putin gezielt als Hebel verwenden, um die EU zu torpedieren und zu entzweien. Hohe Preise sind ein stetiger Anstoß für Zwietracht.
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Quellen: PublicDomain/finanzmarktwelt.de am 18.07.2025


3 comments on “Putin spielt Düngemittelkarte gegen Europa aus”