
Flacherdler Peter schlüpft in die Rolle eines Kugelerdlers und versucht, die Behauptungen der Anhänger der Flache-Erde-Bewegung zu widerlegen und bemerkt dabei nicht, wie treffsicher er seine eigene Community beschreibt.
Astrophysiker Flo Plus vom gleichnamigen YouTube-Kanal hat Peters Argumente genauer unter die Lupe genommen. Von Frank Schwede
Anhänger der Flache-Erde-Bewegung sind überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist. Diese Vorstellung lässt sich zurückverfolgen bis weit in die Antike. Vor allem in den sozialen Medien hat sich die Flat-Earth-Theorie innerhalb der vergangenen fünf Jahre wie ein Lauffeuer verbreitet.
Daraus ist eine richtige Bewegung entstanden. die noch immer überall auf der Welt Anhänger findet. Laut einer in den USA durchgeführten Umfrage unter achttausend Menschen, ist etwa ein Sechstel der Bevölkerung nicht völlig von der Kugelform der Erde überzeugt.
Zu den Anhängern der Flache-Erde-Theorie gehört auch Peter, alias „vegan & lecker“. In seinem YouTube-Video „Die dummen Flatearther“ schlüpft er in die Rolle eines Kugelerdlers, um die Flache-Erde-Theorie in seiner Community zu widerlegen, wobei er, ohne es selbst zu bemerken, immer mehr ins Zweifeln gerät.
Er stolpert quasi von einer Falle in die nächste. Astrophysiker Flo Plus vom gleichnamigen YouTube-Kanal hat den Video-Clip genauer unter die Lupe genommen. Interessant findet er vor allem, wie sich Flacherdler die Gedankenwelt von Kugelerdlern vorstellen.
Unter anderem macht sich Peter Gedanken über sogenannte Nebensonnen, die aufgrund von Lichtbrechung an kleinen Eiskristallen in der Luft entstehen.
Peter zeigt in seinem Video entsprechende Aufnahmen und glaubt, dieses Phänomen würde entstehen, weil sich die Erde unter einer Kuppel befindet.
Eine Theorie, an die vor allem Anhänger der Flache-Erde-Theorie glauben. Gleich zu Beginn des Videos klärt Flo darüber auf, dass Flacherdler sich heutzutage davor hüten, die Erde als Scheibe beschreiben. (Sportartikelhersteller fordert Anhänger der Flacherde-Theorie heraus, den Rand der Erde zu fotografieren)
Peter liefert das Argument dazu:
„Diesen Terminus mögen viele Flacherdler nicht, weil das ein in sich geschlossener Denkprozess ist, also ein schon abgeschlossenes Modell darstellt. Wie blöd muss man sein. Schließlich lernen wir schon in der Schule, dass die Erde eine Kugel ist, wir sehen es in vielen Action-Filmen und schließlich sagt uns ja die NASA, dass die Erde eine Kugel ist.“
Und hier fängt für Flo das eigentliche Dilemma an.
„Die glauben wirklich nur an eine kugelförmige Erde, weil einem das halt in der Schule eingetrichtert wurde und einem die NASA das so vorgibt oder wegen irgendwelcher Actionfilme. Das finde ich schon erstaunlich.“
Da ist viel Psychologie im Spiel
Allein daran lässt sich schon erkennen, dass es bei dem Thema viel um Psychologie und die eigene Wahrnehmung der Umwelt geht. (Ist die Erde eine Röhre? Flacherdler verzweifelt an Erdkrümmung (Video))
Die Kugelgestalt der Erde ist seit Tausenden Jahren bekannt. Also schon zu einer Zeit, als es weder die NASA noch irgendwelche Actionfilme gab, die das hätten bestätigen können – und schließlich bekommt man In der Schule die nötigen Werkzeuge an die Hand, um seine eigenen Schlüsse ziehen zu können. Flo erklärt, wie das geht:
„Wer beispielsweise im Physikunterricht aufgepasst hat, weiß, wie man die Fliehkraft berechnet und kann etwa die Behauptung, man müsste die Rotation der Erde spüren können, einfach mal selbst überprüfen.“
Selbst ohne umfangreiche Kenntnisse ist es laut Flo in der Natur leicht möglich, herauszufinden, dass wir uns auf einer Kugel befinden. Der Astrophysiker nennt ein simples Beispiel:
„Tun wir doch mal so, als hätten wir noch nie von einer kugelförmigen Erde gehört, dann beobachten wir doch ganz ohne NASA und Actionfilme, dass die Sonne untergeht. Vor allem, dass sie nicht an allen Orten gleichzeitig untergeht. Man muss einfach nur mit offenen Augen die Natur beobachten.“
Ein beliebter Trick der Flacherdler ist das sogenannte NASA-Bashing. Damit lenken sie von solchen einfachen Beobachtungen in der Natur ab, weil die Natur ja auf ganz einfache Weise ihr eigenes krudes Weltbild mit einem Handstreich widerlegt. Flo:
„Man braucht keine NASA, um auf die Form der Erde zu schließen. Und ich persönlich kenne niemanden der sagt, die Erde wäre kugelförmig, nur weil es dieses und jenes Foto von der NASA gibt.“
Flo ist beim Betrachten des Videos von Peter sehr schnell aufgefallen, dass es dem Flacherdler bei seinen ironischen Ausführungen offenbar nicht selbst aufgefallen ist, wie recht er mit seiner Behauptung hat, dass Anhänger der Flache-Erde-Theorie gerne manipulativ vorgehen. Flo hat bereits zahlreiche Beispiele in seinen Videos gezeigt.
Flacherdler manipulieren gerne Fakten und vor allem gehen sie nach Worten von Flo mit ihren abstrusen Behauptungen obendrein unwissenschaftlich vor. Exemplarisch ist für Flo das sogenannte Cherry Picking. Flo:
„Da wird etwa die Aufnahme der Skyline von Chicago als Flacherdbeweis angeführt und dabei völlig ignoriert, dass die erhöhte Sichtweise nur bei ganz bestimmten Wetterbedingungen auftritt, aufgrund der Refraktion. Die meiste Zeit des Jahres über kann man die Skyline von diesem Standort aus nicht so sehen.“
Flüsse, die bergauf fließen
In früheren Videos hat Flo häufig auf die atmosphärische Refraktion hingewiesen. Das ist ein Effekt, der lange bekannt und vor allem auch gut erforscht ist. Je nach Witterung ist er mal stärker und mal weniger stark ausgeprägt.
Die Flacherdler picken sich nach Worten von Flo gezielt Zeitpunkte heraus, wo die Sichtweise aufgrund dieses Effekts besonders groß ist, dass man die Skyline zu den meisten Zeitpunkten im Jahr nicht sehen kann, ignorieren sie einfach.
Gerne wird von Flacherdlern behauptet, man wäre von der Bewegung der Erde abgekoppelt, wenn man etwa mit einem Ballon in die Luft steigt. Diese Behauptung wird sogar von den Rädelsführern der Flache-Erde-Bewegung geäußert. Flo:
„Dabei wird einfach ignoriert, dass die Atmosphäre natürlich die Bewegung der Erde mitmacht. Aber selbst ohne Atmosphäre bewegen sich Objekte, die keinen Kontakt mehr zur Erdoberfläche haben, gleichförmig mit einer horizontalen Geschwindigkeitskomponente weiter, die sie beim letzten Kontakt mit der Erdoberfläche hatten. Das ist eine Folge des Trägheitssatzes.“
Flacherdler behaupten auch gerne, Flüsse würden auf einer kugelförmigen Erde bergauf fließen, weil sie einfach nicht verstehen, was die Höhenangaben über dem Meeresniveau bedeuten.
Auch mit den Größenverhältnissen der Planeten stehen Flacherdler offenbar auf Kriegsfluss. etwa bei der Darstellung von Sonne und Erde. Für Flacherdler Peter ist beispielsweise das Größenverhältnis von Sonne und Erde ein Buch mit sieben Siegeln. Peter vergleicht in seinem Video die Erde mit einer Kirsche und die Sonne mit einem Medizinball. Flo:
„Er müsste daraus jetzt irgendwas schlussfolgern, was man anhand von Beobachtungen überprüfen kann. Ein Kandidat wäre etwa der scheinbare Durchmesser, Dazu aber müsste er den Abstand mit in die Gleichung aufnehmen.“
Der Abstand zwischen Sonne und Erde variiert im Laufe eines Jahres ein wenig. Beobachten kann man das vor allem in den Wintermonaten, da sich die Sonne im Winter auf der Nordhalbkugel näher zur Erde befindet, wodurch sie entsprechend größer erscheint als im Sommer. Flo:
„Diese Beobachtung passt ganz und gar nicht ins flache Weltbild, da sollte es nämlich umgekehrt sein. Wir können leicht ausrechnen, wie groß uns die Sonne erscheinen würde.
Dazu berechnen wir die Winkelausdehnung über den Sinus. Mit den Angaben zu Durchmesser und Abstand der Sonne kommen wir auf rund 0,5°. Wir können den scheinbaren Durchmesser der Sonne beispielsweise auf Fotos bestimmen, die mit einem Teleobjektiv und einem Sonnenfilter aufgenommen wurden.“
Anhand der Brennweite ist es möglich, den Bildwinkel der Kamera zu berechnen. Über die Pixellänge und ein Dreisatz wird dann der scheinbare Durchmesser berechnet. Er beträgt tatsächlich 0,05°. Flo:
„Das deckt sich auch mit den offiziellen Angaben. Die Sonne erscheint uns mit den offiziellen Angaben also genau so groß, wie wir sie auch tatsächlich beobachten.“
Flacherdler berechnen den Abstand zur Sonne auch gerne an den sogenannten Strahlenbüscheln, die je nach Perspektive, nahezu parallel oder gewinkelt erscheinen, weil sie scheinbar auf einen Fluchtpunkt zulaufen.
Denselben Effekt kann man auch bei parallelen Bahnschienen oder bei hohen Gebäuden beobachten, doch die Höhe der Sonne kann man auf diese Weise ganz bestimmt nicht bestimmen, so der Astrophysiker. In einem zweiten Teil wird Flo weitere Argumente von Peter untersuchen.
Viele beleidigende Kommentare und Drohungen
Die Aufklärungsarbeit bleibt für den Astrophysiker nicht ohne Folgen. Häufig hat er nach eigener Aussage mit zum Teil beleidigenden Kommentaren unter seinen mittlerweile zahlreichen Videos zu tun.
Manchmal bleibt es aber nicht bei den verbalen Attacken. Flo hat auch sehr viele Drohungen von Flacherdlern über all die Jahre seiner Aufklärungsarbeit erhalten. Da hat es sich laut seinen Worten als sehr praktisch erwiesen, dass es keine genaueren Angaben zu seiner Person gibt.
Der Astrophysiker hat auch festgestellt, dass sich Flacherdler ständig neu indoktrinieren müssen, um sich ihr Weltbild zu erhalten, indem sie sie sich ständig neue Flache-Erde-Videos anschauen, weil die Flache-Erde-Verschwörung für Flacherdler unglaublich wichtig ist.
Vor allem aber ist es für ihr Ego wichtig. Das liegt nach Worten Flo´s daran, dass das Motiv hinter dieser Verschwörung für viele Flacherdler eine Art Gottesbeweis ist, weil sie im Grunde genommen überhaupt kein Interessen an den Fakten haben, sondern einfach nur an das Weltbild der flachen Erde glauben wollen.
Mehr über die Flache Erde lesen Sie im Buch „Antarktis: Hinter der Eiswand“ und mehr über die Innere Erde in dem Buch „DUMBs 2„.
Video:
Quellen: PublicDomain/Frank Schwede für PRAVDA TV am 10.12.2025

















