„Plume-gate“ Fukushima: Fische strahlen noch immer, gesundheitliche Folgen ionisierender Strahlung und mehr…

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Die Fische im Meer vor dem Katastrophen-AKW in Fukushima sind genau so stark verseucht wie vor anderthalb Jahren. Das zeigt eine aktuelle Studie. Die Belastung geht nicht zurück, weil gleich zwei radioaktive Quellen die Tiere weiter vergiften. Die japanische Atomaufsicht muss weitere Fehler bei Strahlungskarten zugeben, eine ungeklärte kurzzeitige Strahlungserhöhung an Fukushima 2 und die gesundheitlichen Folgen ionisierender Strahlung.

Fukushima-Fische strahlen noch immer

Cäsium 134, Cäsium 137, Jod 131 – unmittelbar nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima haben Wissenschaftler radioaktive Stoffe in den Gewässern vor dem Atomkraftwerk gemessen. Das Meer hatte 80 Prozent der gesamten Strahlenbelastung abbekommen – entweder durch verseuchtes Wasser oder aber durch radioaktive Wolken, die über dem Ozean abregneten.

Um die Bevölkerung zu schützen, verhängten die japanischen Behörden Fangverbote in den am stärksten belasteten Gewässern um den Reaktor. Außerdem wurden die Grenz-werte für die erlaubte Strahlenbelastung gesenkt. Deutsche Fischesser mussten sich keine Sorgen machen, weil schon vor dem Unglück kaum Fisch aus Japan auf den hiesigen Markt kam.

Inzwischen liegt die Katastrophe von Fukushima anderthalb Jahre zurück, doch die radioaktive Belastung der Tiere ist seitdem nicht zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Meeresforschers Ken Buesseler von der Woods Hole Oceano-graphic Institution (US-Bundesstaat Massachusetts), die in der letzten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“ nachzulesen ist.

Seit dem 23. März 2011, das war knapp zwei Wochen nach dem Unglück, untersuchen japanische Behörden systematisch Meerestiere vor Fukushima, aber auch in anderen Präfekturen des Landes. Auf diese Probenkampagne des Ministeriums für Landwirt-schaft, Forsten und Fischerei stützt sich Buesseler bei seiner aktuellen Untersuchung. Insgesamt hat er die Ergebnisse von mehr als 8500 Einzelmessungen aufbereitet.

Dabei zeigt sich: Im Vergleich zu anderen Präfekturen sind Fische vor Fukushima nach wie vor überdurchschnittlich stark belastet. Hier liegen die Werte bei etwa 40 Prozent der untersuchten Fische über dem Grenzwert von 100 Becquerel pro Kilogramm Fang-gewicht. Allerdings unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen verschiedenen Arten zum Teil massiv.

Auch in der südlich der Unglücksregion gelegenen Präfektur Ibaraki gab es zahlreiche Fische, die stärker als erlaubt belastet waren – auch wenn der Grenzwert hier meist nur knapp überschritten wurde. In der Präfektur Miyagi nördlich von Fukushima fanden sich nur vier Tiere, die etwas mehr als erlaubt belastet waren – und in Iwate und Chiba lagen alle untersuchten Fische unter der Grenze.

Die Streuung der Messwerte ist beachtlich. Besonders stark fällt die Belastung der bodenbewohnenden Fische aus. So wurden vor Fukushima im August zwei Grünlinge gefangen, die mit 25.000 Becquerel pro Kilogramm belastet waren – 250-mal über dem Grenzwert lagen.

„Die Werte gehen einfach nicht zurück“

Das eigentlich überraschende an der aktuellen Studie sind aber nicht diese statistischen Ausreißer, sondern die Frage, warum die Tiere im Schnitt noch immer so stark mit radioaktivem Cäsium belastet sind wie vor anderthalb Jahren. „Die Werte gehen einfach nicht zurück“, sagt Buesseler, normalerweise sollten die Fische die strahlenden Partikel ausscheiden, ein paar Prozent pro Tag. Doch offenbar nehmen die Meeresbewohner auch ständig neue strahlende Teilchen auf.

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Es gebe aus seiner Sicht keinen Grund, an den Messungen der Japaner zu zweifeln, so Buesseler. Man sei außerdem bei eigenen Messungen im Sommer 2011 zu vergleichbaren Ergebnissen gekommen. Die Daten ließen sich nur so interpretieren, dass zum einen bis heute strahlendes Wasser aus dem Reaktor ins Meer laufe – und zum anderen verseuchter Meeresboden die Teilchen permanent ins Wasser abgebe. „Beide Prozesse laufen parallel ab“, sagt Buesseler.

Das bedeutet, dass die radioaktiven Stoffe weiter in die Nahrungskette gelangen – selbst vor der Küste Kaliforniens waren belastete Thunfische gefangen worden, wenngleich deren Strahlendosis weit unter dem japanischen Grenzwert lag.

Laut der untersuchenden Standford-Universität wurde der Thunfisch im August 2011 gefangen, er weist nicht nur Cäsium-137, sondern auch Cäsium-134 in angeblich geringen Dosen auf – was verschwiegen wird, die Werte sind diesmal 10x höher als in 2010 und 2009. Cäsium-134 und -137 in Kombination sind der “Stempel” von Fukushima, da es keine natürlichen Isotope sind. Welche Dosen die gefangen Fische in 2012 haben werden, bleibt abzuwarten. So wie die Werte global steigen, ist auch hier mit einer Zunahme zu rechnen.

Panik will der Wissenschaftler mit seinen aktuellen Ergebnissen nicht schüren. Niemand, der zum Beispiel im Wasser der betroffenen Region schwimme, müsse sich Sorgen machen. Auch der Genuss eines einzigen Fisches sei wohl nicht bedenklich. Und doch bereitet Buesseler die andauernde Verseuchung Sorgen. „Die Ergebnisse sind wichtig für die öffentliche Diskussion über das Ausmaß der Probleme.“

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Die betroffenen Fischgründe müssten weiterhin geschlossen bleiben, fordert der Wissenschaftler. Und zwar nicht für Monate, sondern für Jahre. In Wahrheit geht es wahrscheinlich sogar um Jahrzehnte. Selbst wenn der Abfluss von strahlendem Wasser aus dem Reaktorwrack in den Ozean eines Tages gestoppt wird, werden die Probleme als noch lange Zeit anhalten.

Cäsium 137 hat in der Umgebung eine Halbwertszeit von 30 Jahren.

Fisch überschreitet Lebensmittel-Grenzwert hundertfach

Bei einer im Juni und Juli durchgeführten Untersuchung des Umweltministeriums wurde in Gebirgsforellen aus dem Niidagawa, im Bereich der Stadt Minamisoma (Fukushima) Werte an radioaktivem Cäsium von 11.400 Becquerel pro Kilogramm nachgewiesen. Dies entspricht mehr als dem Hundertfachen des gesetzlichen Grenzwerts.

Im Rahmen der Kontrollen der Cäsiumbelastung von Fischen und Insekten in Flüssen, wurden jedoch weitere Werte nachgewiesen, die über dem Lebensmittel-Grenzwert von 100 Becquerel pro Kilogramm liegen. So wies man etwa in einem Schwarzbarsch 4.400 Becquerel an radioaktivem Cäsium nach. Im Fall eines Welses, der am Mano-Damm in Iitate gefangen worden war, wurden 3.000 Becquerel pro Kilogramm festgestellt, berichtet die Mainichi Shimbun.

Atomaufsicht muss weitere Fehler bei Strahlungskarten zugeben

Erneut muss Japans Atomaufsicht NRA einräumen, dass die Karten zur Strahlungs-ausbreitung bei schweren Störfällen an Japans AKW immer noch fehlerhaft sind. Bereits zuvor hatten Interpretationsfehler der Windrichtung, sowie Messfehler bei beauftragten Unternehmen zu Kritik an den Karten geführt.

Im aktuellen Fall hatte Tohoku Electric, Betreiber des AKW Onagawa, am gestrigen Tag darauf aufmerksam gemacht, dass die an die japanische Atomsicherheitsorganisation (JNES) übertragenen, zehnstufig gegliederten Werte zur “atmosphärischen Stabilität”  über den Kernkraftwerke, Onagawa (Präf. Mioyagi) und AKW Higashidori (Präf. Aomori) Fehler aufweisen.

(Grafik: Unabhängige japanische Strahlungskarte) 

Der Fehler war durch eine Eigenkontrolle des Elektrizitätsanbieters aufgefallen, zu er man sich nach den vorangangenen Fehlern bei der NRA entschlossen hatte

Insgesamt seien 177 der 17.520 Wetter-Einträge für den Zeitraum eines Jahres fehlerhaft. Dabei entfallen 108 Fehler auf die Daten zum AKW Onagawa und 69 auf das AKW Higashidori. Das zehnstufige System gliedert die atmosphärische Stabilität auf und unterscheidet dabei nach Windgeschwindkeit und Strahlungseinwirkung der Sonne.

Nach Angaben von Tohoku Electric waren die Daten durch ein angeschlossenes Unternehmen bei der Entwicklung einer Software zur Gliederung atmosphärischer Stabilität falsch eingegeben worden. Die NRA geht davon aus, dass die aktuell entdeckten Fehler nur geringe Auswirkungen haben, da sie nur einen kleinen Teil, aller für diese Standorte erfassten Daten ausmachten.

Dennoch kündigte die Atomaufsicht die Veröffentlichung des noch einmal nachgeprüften Kartenmaterials im weiteren Verlauf dieses Monats an, berichtet die Asahi Shimbun.

(Grafik: Live Geiger-Karte aus Japan, mit Tokio und Präfektur Fukushima in einer Detailansicht – Link)

Ungeklärte kurzzeitige Strahlungserhöhung an Fukushima Daini

TEPCO erklärte am 19. November, bislang fehlende Strahlungsmessungsdaten, die während der Akutphase der Krise erfasst worden waren, nun nachgereicht zu haben. Diese Daten betreffen das Kernkraftwerk Fukushima Daini (Fukushima 2).

Bislang waren die veröffentlichten Daten für den Zeitraum zwischen dem 15. März 2011 (9:00 Uhr) und dem 3. April  2011 (23:00 Uhr) teilweise unvollständig. Die fehlenden Daten wurden erst jetzt durch eine Anfrage der NHK zur Veröffentlichung der Informationen bekannt.

Die Veröffentlichung der Werte vom 16. März 2011 wirft allerdings möglicherweise neue Fragen um die Nuklearkatastrophe von Fukushima auf, anstatt diese zu beantworten. So ist in den Daten zwischen 9:40 Uhr und 9:50 Uhr eine plötzliche Strahlungsspitze von zunächst 20 Mikrosievert auf 80 und dann 87,7 Mikrosievert pro Stunde festzustellen.

Für diesen Zeitraum wird jedoch keine Wasserstoffverpuffung, oder ein anderes Ereignis am AKW Fukushima Daini berichtet. Die Asahi Shimbun beruft sich auf namentlich ungenannte Quellen, wenn sie nun schreibt, dass das gemessene radioaktive Material durch einen Druckabfall an Reaktor 3 von Fukushima Daiichi am selben Tag freigesetzt worden sein könnte.

Die genau Ursache dieses Anstiegs ist somit bislang unklar, ebenso weshalb TEPCO die Daten nicht öffentlicht verfügbar gemacht hatte, sondern die Veröffentlichung erst auf eine Anfrage der NHK erfolgte. Der Kraftwerksbetreiber erklärte, man werde nun ermitteln, weshalb die Daten zu diesem Zeitraum nicht an die Öffentlichkeit gelangten.

Hat dies was mit Fukushima und die Erdbeben-Lüge: Das japanische 9/11 heißt 3/11 zu tun?

Gesundheitliche Folgen ionisierender Strahlung

Während die gesteuerte WHO und die IAEO weiter vertuschen und täuschen, haben nun die unabhängigen Mediziner von IPPNW das Wort, die über ihre Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Folgen der Fukushima-Katastrophe informieren.

Bis heute gibt es noch keine epidemiologische Studie über die Gesundheitskonsequenzen des Supergaus in Nordost-Japan. Die Studie der WHO zum Ausmaß der Strahlen-exposition vom Mai diesen Jahres blieb hinter den Erwartungen der Wissenschaft zurück: Nach Ansicht der deutschen IPPNW-Sektion ist die Auswahl der Lebens-mittelproben im Bericht fragwürdig, da sich die zitierten Strahlenwerte signifikant von denen des japanischen Wissenschaftsministeriums unterscheiden.

Dies führe zu einer selektiven Unterschätzung der inneren Strahlenexposition. Auch die Schätzungen der Strahlenemissionen aus dem havarierten Kraftwerk lägen deutlich unterhalb der Werte, die von unabhängigen Forschungsinstitutionen und TEPCO selbst angegeben werden.

Insbesondere kritisiert die Ärzteorganisation jedoch die Tatsache, dass sich das für den Bericht verantwortliche Expertengremium, vor allem aus MitarbeiterInnen der IAEO und nationaler Atomregulationsbehörden zusammensetzt, die enge Beziehungen zur Atomwirtschaft haben. Atomkritische Stimmen kommen im WHO-Bericht nicht zu Wort.

Die IPPNW fordert unabhängige epidemiologische Studien, um die Effekte der Niedrig-strahlung besser zu verstehen und um das Ausmaß der gesundheitlichen Folgen in den kommenden Jahrzehnten und für kommende Generationen einschätzen zu können. Benötigt werden Untersuchungen, die gänzlich frei sind vom Verdacht der Einflussnahme der Atomindustrie und der Atomregulationsbehörden, deren mangelndes Sicherheits-bewusstsein zu der Katastrophe von Fukushima maßgeblich beigetragen hat.

Während kurzlebige Radioisotope wie Jod-131 nach wenigen Monaten unter ein kritisches Niveau fallen, werden langlebige Nuklide wie Cäsium-137 oder Strontium-90 weiterhin ionisierende Strahlung abgeben und Menschen über viele Generationen gefährden. Mehr als die Hälfte der bei der Tschernobyl-Katastrophe 1986 emittierten Menge an Cäsium-137 strahlt weiter, da die Halbwertszeit von 30 Jahren noch nicht erreicht ist.

„In Anbetracht der Tschernobyl-Opfer ist die Behauptung japanischer  Regierungs-berater, der Atomindustrie und der IAEO, der Fukushima-Gau werde nur wenige bis gar keine Folgen auf die Gesundheit der Menschen haben, nicht nur unwissenschaftlich, sondern zutiefst unmoralisch“, erklärt der IPPNW-Kinderarzt Dr. Alex Rosen.

Bilder aus Fukushima:

Quellen: PRAVDA-TV/LIVECAMERA CHECKER/fuku1live/spreadnews.de/ SpiegelOnline/IPPNW vom 26.11.2012

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