USA bekommen Folgen von „Sandy“ nicht in Griff – Neuer Sturm bedroht Ostküste – Haiti ruft Notstand aus

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In der Millionenmetropole New York waren mehr als ein Drittel der Tankstellen geschlossen. Um den Treibstoffmangel zu lindern, wurden fünf Verteilerstellen für Gratis-Benzin geöffnet, doch warteten hunderte Menschen stundenlang vergeblich auf das Eintreffen der Tanklaster.

„Das Schlimmste haben wir hinter uns“

Der Gouverneur des Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, versicherte, dass die im Hafen der Metropole blockierten Öltanker nun wieder die Pipeline für New York versorgen könnten. „Das Schlimmste haben wir hinter uns“, sagte Cuomo. So hätten auch vier Fünftel der New Yorker U-Bahnen ihren Betrieb wieder aufnehmen können. Bürgermeister Michael Bloomberg äußerte sich ebenfalls optimistisch. Die Benzin-Knappheit werde „in zwei oder drei Tagen behoben sein“, sagte er.

Im benachbarten Bundesstaat New Jersey waren nach Berichten lokaler Medien vier Fünftel der Tankstellen geschlossen. Gouverneur Chris Christie ordnete für einige Gegenden die Rationierung von Benzin an. An einem geraden Datum dürften nur die Wagen tanken, deren Nummernschild mit einer geraden Zahl endet. An ungeraden Tagen seien die anderen Wagen dran, verfügte Christie. Einige Autofahrer in New Jersey berichteten, sie hätten acht Stunden angestanden, um ihren Tank zu füllen.

Noch 2,5 Millionen Menschen ohne Strom

New Jersey war auch am stärksten von den Stromausfällen betroffen, die vielerorts durch die Überschwemmungen im Gefolge des Hurrikans ausgelöst wurden. Nach Angaben der Behörden waren dort am Samstag weiterhin 1,2 Millionen Menschen von der Strom-versorgung abgeschnitten. In New York waren mehr als 871.000 Menschen ohne Strom, allerdings konnte in Manhattan die Stromversorgung fast vollständig wiederhergestellt werden. Von den insgesamt 8,5 Millionen Menschen, die unmittelbar nach dem Herein-brechen von „Sandy“ am vergangenen Montag keinen Strom mehr hatten, waren sechs Millionen wieder am Netz.

In Manhattan waren nur noch ein paar Gebäude und Grundstücke ohne Strom, wie der Anbieter ConEd über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Einsatzkräfte arbeiteten das Wochenende über daran, die Versorgung in den Schulen sowie in den Wahllokalen für die Präsidentschaftswahl am Dienstag wiederherzustellen. Dennoch müssen sich einige Bewohner der betroffenen Gebiete wohl darauf einstellen, ihre Stimme in Zelten oder Militärlastwagen abzugeben, wie die New York Times am Samstag berichtete. Auch könnte der Ausfall des Postdienstes das Eintreffen von Briefwahl-Stimmen verzögern. Das Auszählen könnte daher länger dauern, mutmaßt die Zeitung.

Nach langem Zögern sagte Bürgermeister Bloomberg den New York Marathon ab. Mit der Absage des für Sonntag geplanten Großereignisses beugte sich der Bürgermeister am Freitag dem Druck von Bürgern und Kommunalpolitikern. „Wir wollten nicht, dass ein Schatten über dem Rennen oder seinen Teilnehmern liegt“, begründete Bloomberg die Absage des Marathons, der erstmals vor 40 Jahren stattfand.

Bloomberg hatte trotz der Sturmschäden zunächst an der Ausrichtung des Marathons festgehalten. Er verwies darauf, dass das Sportereignis auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 stattfand.

 

(Grafik: Links das europäische und rechts das amerikanische Modell)

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Ein weiterer Sturm bedroht Ostküste der USA 

Nun taucht vor der Ostküste ein weiterer Sturm in den Vorhersagekarten auf, der
zwar bei Weitem nicht so stark wird wie „Sandy“, aber dennoch die Aufräumarbeiten behindern könnte. Diesmal handelt es sich nicht um einen Hurrikan, sondern um einen sogenannten Nor’easter.

Ein Nor’easter ist ein Sturmtief, dessen Zentrum sich östlich der amerikanischen Ostküste über Wasser befindet und meist in nordöstliche Richtung zieht. Die Küsten-regionen werden jedoch noch von dem Sturmfeld des Tiefs erfasst. Da die Luft in einem Tief auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn rotiert, weht der Sturm dann aus Nordost. Die Niederschlagsbänder eines Nor’easters weißen zwar die typische Struktur eines Tiefdruckgebietes der mittleren Breiten auf, aber dennoch können seine Aus-wirkungen denen eines Hurrikans gleichen.

Nor’easter sind im Spätherbst und im Winter keineswegs selten. Sie sind dafür bekannt, dass sie auf ihrer Rückseite arktische Luftmassen heranführen. So sind einige von ihnen für die stärksten Schneestürme (Blizzards) in den USA und in Kanada verantwortlich. So sorgte vor fast genau einem Jahr der sogenannte „Halloween-Nor’easter“ für Rekord- schneefälle in Teilen Neu Englands und Ostkanadas.

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Der aktuelle Nor’easter entsteht, weil derzeit ein Kaltlufteinbruch kalte Polarluft fast bis in den Golf von Mexiko führt. Weiter westlich wird über dem Atlantik sehr warme Golfluft nach Norden transportiert. An der daraus resultierenden Luftmassengrenze
simulieren die Modelle nun ein Tief, das sich auf seiner nordöstlichen Zugbahn zu einem Sturmtief verstärken soll. Begünstigt wird die Entwicklung durch die derzeit um fast 3 °C zu warme Wassertemperatur in dieser Region.

Die Prognosen sind zwar noch unsicher, nach derzeitigem Stand ist jedoch ein Sturm am Mittwoch und am Donnerstag sehr wahrscheinlich. Dabei wird er aber bei Weitem nicht so stark ausfallen wie „Sandy“. Dennoch könnte es Sturmböen und hohe Niederschlags-mengen von 50 – 100 mm geben. Stärkere Schneefälle werden allerdings nur in den Bergen von Neu England erwartet.

Bereits am Wochenende haben sich die Temperaturen dem Gefrierpunkt genähert, während die Stromversorgung vielerorts noch nicht wiederhergestellt war und viele Regionen weiter mit Heizöl- und Benzinknappheit zu kämpfen hatten. Für die nächsten Tage werden Werte unter null Grad Celsius erwartet. Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg warnte, es werde noch mehrere Tage dauern, bis der Strom wieder zuverlässig fließt und ausreichend Treibstoff vorhanden ist. Am Wochenende waren noch rund 2,5 Millionen Haushalte vom Stromnetz abgeschnitten.

„Es gibt nirgends Heizöl“, sagte Vincent Savino von einem Energieversorger, der etwa 2000 Gebäude in New York beliefert. „Ich weiß nicht, wieviel Heizöl wir noch übrig haben: vielleicht für ein oder zwei Tage.“ In New York und New Jersey sind immer noch mehr als 18.000 Menschen in provisorischen Unterkünften untergebracht. Bürgermeister Bloomberg forderte insbesondere ältere Menschen auf, bei weiter anhaltendem Strom- und Heizungsausfall, Schutz in Notunterkünften zu suchen

Haiti ruft Notstand aus

Angesichts der schweren Zerstörungen durch Hurrikan „Sandy“ hat die haitianische Regierung den Notstand ausgerufen. Nach Angaben des Kommunikationsministers Ady Jean Gardy wird das ärmste Land Amerikas vom Hunger bedroht, nachdem die Regenfälle des Wirbelsturmes in weiten Teilen des Landes die Ernten zerstört haben.

Die Zeitung Le Nouvelliste berichtete in ihrer Online-Ausgabe, nach vorläufigen Schätzungen des nationalen Koordinationsbüros für Lebensmittelsicherheit (CSNA) sei ein Schaden von über 104 Millionen Dollar entstanden.

Der Ausnahmezustand erlaube es der Regierung, Notstandsmaßnahmen zu ergreifen, um den Menschen zu helfen und dem drohenden Hunger zu begegnen, sagte Gardy dem Blatt zufolge. Mindestens 60 Menschen kamen ums Leben und Tausende wurden obdachlos, seit die Ausläufer des Sturmes vor zwei Wochen Haiti trafen.

In Haiti war zuletzt im Januar 2010 der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Damals hatte ein schweres Erdbeben die Hauptstadtregion und weite Teile des Südens zerstört und über 220.000 Menschen den Tod gebracht. Trotz umfassender internationaler Hilfe leidet das Land noch immer unter den Folgen der Katastrophe, ebenso wie unter der Cholera, die im Oktober desselben Jahres ausbrach und an der seitdem über 7600 Menschen gestorben sind.

Nach Angaben von Hilfsorganisationen hat die Zahl der Infizierten in den Tagen nach dem Sturm wegen der Überschwemmungen wieder zugenommen. Die Zahl der Patienten habe sich in den vergangenen Tagen fast verdoppelt, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mit.

Quellen: PRAVDA-TV/dpa/taz.de/APA/NewsyHub/Reuters/derStandard.at vom 04.11.2012

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