Deutschland lässt seine Schienen und Straßen verrotten

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Trassen hierzulande sind überlastet, marode oder voller Baustellen. Der Kunde merkt das an „Langsamfahrstellen“. Zahlen zeigen: Kaum ein Staat investiert so wenig in seine Schienen wie Deutschland.

Das dürfte ein heißer Sommer werden für Bahnkunden, mit übervollen Zügen und Verspätungen – und die kommenden Jahre werden wohl nicht viel besser. Das hat nichts mit Streiks zu tun, die sind ja nun vom Tisch, und auch nichts mit einem aktuellen Missstand. Grund ist der Zustand des deutschen Schienennetzes.

Der ist bekanntermaßen besorgniserregend. Die Trassen hierzulande sind überlastet, an vielen Stellen marode oder mit Baustellen übersät. Das merkt man an den zahlreichen „Langsamfahrstellen“, die die Bahn immer öfter bremsen. Dann dauert die Reise wieder etwas länger. Vor allem zahlreiche Brückenbauwerke und Bahnknoten sind inzwischen wegen baulicher Mängel oder Überlastung spürbar enge Nadelöhre im Schienennetz.

Schuld sind zum einen zu geringe Mittel für den Erhalt und Ausbau der Schienenwege. Hinzu kommt aber auch mangelnde Bereitschaft, in intelligente Technologie zu investieren. „Mit modernen elektronischen Anlagen wäre es möglich, die Kapazität der Trassen zu erhöhen, ohne dass man sie großflächig ausbauen müsste“, sagt Maria Leenen, Chefin des auf den Bahnsektor spezialisierten Beratungsunternehmens SCI.

Die jeweiligen Bundesregierungen geizen seit Jahren mit Mitteln für die Bahn. Zwar wurde mit Beginn der Bahnreform eine spürbare Verlagerung des Verkehrs von der Straßen auf die Schiene als Ziel formuliert. Doch das nötige Geld dafür wurde nicht bereitgestellt. Gerade mal Spanien gibt pro Kopf gerechnet weniger für seine Trassen aus als Deutschland. Dem Rest der Industrieländer in Europa sind die Schienenwege deutlich mehr wert als den politisch Verantwortlichen hierzulande.

Nach Berechnungen der Allianz pro Schiene, einem Lobbyverband der Bahnbranche, und SCI hat die Schweiz im vergangenen Jahr 351 Euro pro Bürger für das Bahnnetz ausgegeben. Damit sind die Eidgenossen Spitzenreiter. Auf Platz zwei folgt Österreich mit 210 Euro pro Einwohner. Beide Alpenländer sehen für ihre Schienennetze seit Jahren höhere Summen vor als für ihre Straßeninfrastruktur.

In den Straßenbau fließt mehr Geld

Doch auch in anderen europäischen Ländern brummt der Netzausbau: Schweden investiert 163 Euro pro Bürger, die Niederlande lassen sich ihr Netz 142 Euro kosten, und Großbritannien wendet 110 Euro auf. Italien gibt 82 Euro für die Erneuerung der Schiene aus, während Deutschland mit 49 Euro pro Bundesbürger den Anschluss an potente Länder in Europa zu verlieren droht.

2013 hatte Deutschland im Ranking der Länderfinanzierung noch vor Spanien und Frankreich gelegen. Damals betrugen die Pro-Kopf-Ausgaben hierzulande für die Trassen noch 54 Euro. Während Frankreich seine Mittel leicht aufgestockt hat, sind sie in Deutschland gesunken.

„Leider zeigt ein Mehrjahresvergleich, dass es sich nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um einen langfristigen Trend handelt“, sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Auch der jüngst abgeschlossene Vertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn für Investitionen in das Bestandsnetz werde daran nichts ändern. „Die sogenannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung dürfte ab 2015 zu einem moderaten Plus auf schätzungsweise 57 Euro pro Bürger führen“, so Flege. Ein verkehrspolitischer Kurswechsel beim Neu- und Ausbau sei damit noch nicht vollzogen.

Stattdessen investiere Deutschland seit Jahren deutlich mehr Geld in den Straßenbau als in die Schieneninfrastruktur, kritisierte Flege. „Als Transitländer bereiten die Schweiz und Österreich ihr Eisenbahnnetz ganz gezielt auf eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene vor, während Deutschland die Chance zu verspielen droht, in Zukunft einen Großteil seines Transitverkehrs auf die Schiene zu holen.“

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„Da tickt eine Zeitbombe“

Wie die beiden Alpenländer ist auch Deutschland Transitland. Doch anders als in Wien oder Bern setzt man hierzulande weiter stark auf den Straßenverkehr. Setzt man die Investitionen des jeweiligen Landes in den Ausbau und Erhalt der Straßen als Ausgangspunkt mit 100 Prozent an, liegen die Ausgaben für die Schienenwege im Vergleich dazu in Österreich bei 197 Prozent, in der Schweiz bei 139 Prozent und in Deutschland nur bei 73 Prozent.

Die Folgen der Unterfinanzierung unserer Trassen werden teuer, glaubt Bahnexpertin Leenen. „Mit jedem Jahr, in dem sich nichts ändert, verschlimmert sich der Zustand der Schienenwege. Da tickt eine Zeitbombe.“ Der Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwand wachse mit jedem Jahr.

Dabei sei der dringend nötige Ausbau des Bahnnetzes nicht die einzige Lösung des Problems, meint Leenen. „Man kann die Kapazitäten auch erhöhen, indem man in moderne Technologie an den Strecken investiert. Beispielsweise in elektronische Systeme, die den bisher verbindlichen Blockabstand ersetzen“, sagt sie.

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Das System des Blockabstands garantiert die Sicherheit auf den deutschen Schienenwegen. Es legt fest, dass ein Zug erst in einen bestimmten „Block“, also Abschnitt auf den Trassen einfahren darf, wenn ihn der vorausfahrende verlassen hat. So werden Zusammenstöße vermieden. Allerdings führt das zu langen Abständen zwischen den Zügen, so können weniger Wagen durch das ohnehin überlastete Netz geschleust werden als möglich wären. Elektronische Abstandhaltesysteme könnten für schnelleren Durchlauf sorgen.

Freilich kosten auch solche Systeme viel Geld. Aber sie einzubauen ist schon deshalb weniger aufwendig als ein Trassenneu- oder -ausbau, weil es dafür keine Planfeststellungsverfahren und Moderationen mit betroffenen Anwohnern geben müsste. Leenen schlägt außerdem den verstärkten Einsatz von Fahrassistenzsystemen vor.

„Solche Systeme sorgen dafür, dass die Züge noch stärker als bisher durch die Technik gesteuert werden, dass sie von alleine steuern, anfahren und abbremsen, lange vor einem Signal oder Haltepunkt“, sagt Leenen. „Das Ergebnis wäre weniger Verschleiß am Zug und an den Fahrwegen, dadurch halten sie länger.“ Bestehende Anlagen könnten so länger genutzt werden.

Schlaglöcher, Baustellen, bröckelnde Brücken: Auf deutschen Straßen herrscht dramatischer Sanierungsbedarf

Der Bundesrechnungshof hat die Regierung aufgefordert, mehr Geld in den Erhalt der Straßen zu investieren. Sorgen machen vor allem die Brücken.

Schlaglöcher, Baustellen, bröckelnde Brücken – wer in diesen Wochen mit dem Auto in die Sommerferien reist, wird es unschwer bemerken: Auf den Straßen der Republik herrscht mitunter ein dramatischer Sanierungsstau.

Die Politik müht sich nach Kräften, die Infrastruktur zu erhalten. Doch es reicht bei Weitem nicht. Sonst würde sich auch nicht der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, nun zu Wort melden. Er fordert die Bundesregierung auf, mehr Geld in den Erhalt der Straßen zu investieren.

Scheller fordert in der „Welt am Sonntag“: „Für die kommenden Jahre sollte der Bund deutlich mehr Mittel in den Erhalt der Straßen investieren als bislang vorsehen.“ Der Erhalt der Straßen sei nicht nur eine staatliche Pflichterfüllung, „er gehört zu den Zukunftsaufgaben unseres Landes“.

Der Bundesrechnungshof habe festgestellt, „dass die Erhaltung der Bundesfernstraßen in den vergangenen Jahren unterfinanziert war“, sagte Scheller. Seine Warnung bezieht sich auf einen aktuellen Prüfbericht des Rechnungshofs, der sich mit der Erhaltungsbedarfsprognose im Bundesfernstraßenbau befasst. Konkret wird in dem Bericht kritisiert, dass die Finanzierungspläne des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) für den Erhalt von Autobahnen und Bundesstraßen von 2016 bis 2030 viel zu niedrig angesetzt sind.

Schlechte Straßen wirken sich auf Wohlstand aus

In dem Bericht betrachtet der Rechnungshof eingehend auch die aktuelle Erhaltungsbedarfsprognose der Jahre 2011 bis 2025. Aus dieser geht hervor, dass das Verkehrsministerium das Zustandsniveau des Jahres 2010 erhalten will und Erhaltungsinvestitionen von bis zu 3,8 Milliarden Euro pro Jahr für nötig hält. Laut Rechnungshof ist allerdings zu erwarten, „dass die künftigen Erhaltungskosten deutlich über dieser Prognose liegen werden“.

Die Behörde, die sich üblicherweise mit scharfer Kritik am Regierungshandeln zurückhält, warnt eindringlich davor, die Gesamtinvestitionen in den Bundesfernstraßenbau auf dem Niveau der vergangenen Jahre zu belassen. Sonst würden „künftig kaum noch Neu- und Ausbaumaßnahmen finanziert werden können“. An anderer Stelle wird der Bericht noch deutlicher: Durch Halten des Zustandsniveaus des Jahres 2010 könnten die Bundesfernstraßen ihrer Aufgabe langfristig nicht gerecht werden, was sich negativ auf den Wohlstand und das Wirtschaftswachstum in Deutschland auswirken würde.

Der Warnruf aus der Bonner Behörde dürfte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Sorgen bereiten. Sein Prestigeprojekt für höhere Einnahmen in der Infrastruktur – die Pkw-Maut – musste Dobrindt erst Mitte Juni auf unbestimmte Zeit verschieben. Zuvor hatte die EU-Kommission wegen der für 2016 geplanten Mauteinführung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Sie befürchtet eine Vorzugsbehandlung von deutschen Autofahrern gegenüber anderen EU-Bürgern. Möglicherweise kommt es darüber zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.

Nun ruhen die Hoffnungen auf das Geld, das die Erweiterung der Lkw-Maut einbringen soll. Seit 1. Juli sind noch einmal 1100 Kilometer auf Bundesstraßen mautpflichtig geworden für Lastwagen, die einschließlich Anhänger mindestens zwölf Tonnen wiegen. Zum 1. Oktober werden auch leichtere Lkw ab 7,5 Tonnen mautpflichtig. Das nächste Ziel ist die Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen ab 2018. Verkehrspolitiker erhoffen sich dann zusätzliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Kurzum: Deutschland baut ab.

Literatur:

Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2: erkennen-erwachen-verändern von Heiko Schrang

Der Deutsche Aderlaß- Wiedergutmachung an Deutschland und Entschädigung für Deutsche – Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Nachkriegsgeschichte Band XXVIII von Claus Nordbruch

Wenn das die Deutschen wüssten…: …dann hätten wir morgen eine (R)evolution! von Daniel Prinz

Quellen: dpa/n24.de/WeltOnline vom 02.07.2015

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