Bolivien/Peru: Mehr Geld – mehr Hunger

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Wenn die Frauen aus Chihuani, Combaya oder einem der Nachbardörfer im bolivianischen Hochland ihre farbigen Wolltücher auf den Boden legen und das mitgebrachte Essen zum gemeinsamen „aptapi“ ausbreiten, dürfte jedem gesundheitsbewussten Vegetarier das Wasser im Munde zusammen laufen:

organisch angebaute Kartoffeln, in einer Auswahl von mindestens vier Sorten, von der lilafarbenen Huayra bis zur Peruanita; die Andenwurzel Ragacha – eine perfekte Mischung von Karotte und Kartoffel; gefriergestampfte Chunhos, die der Anden-bevölkerung auch über eine Trockenzeit ohne Ernte hinweghilft, darf auch nicht fehlen.

Dazu handgemachter Kaese, fingerkuppengrosse saftig gelbe gekochte Maiskörner, daumengrosse Saubohnen und eine frisch gebackene Tortilla aus selbstgemahlenem Maismehl: das alles getunkt in würzige Sossen mit Kräutern aus dem heimischen Garten. Gegessen wird mit der Hand, weit und breit kein Geschirr, geschweige denn Plastik-geschirr zu sehen – ausser der unvermeidlichen 3-Liter-Flasche mit irgendeinem bunten süssen gesprudelten Getränk, das im Plastikbecher herumgereicht wird.

Die Dörfer, in denn ich dieses exquisite Mahl geniessen durfte, gehören zu den ärmsten Dörfern Boliviens und gelten als rückständig.

Echarate ist das reichste Dorf Perus: die Gemeinde im östlichen Tiefland des Departamentes Cusco beherbergt die grössten Gasfelder Perus. Die Steuereinnahmen aus der Erdgasfoerderung haben den indigenen Tieflandbewohnern von Echarate zum durchschnittlich höchsten Prokopf-Einkommen verholfen. Dennoch hat die Unter-ernährung in Echarate gerade unter den indigenen Machiguenga zugenommen, wie die Journalistin Nelly Luna in einer Artikelserie in El Comercio berichtet.

„Es ist kein Problem des Geldes“, sagt sie. Statt wie herkömmlich auf die Jagd zu gehen oder zu fischen, kaufen die Machiguenga nun ein Sprudelgetränk und eine Packung Cracker im nächsten Laden zum Frühstück.

Etwas ähnliches ist auch in den Hochanden zu beobachten, wenn auch aus einem anderen Grund: aufgrund der hohen Weltmarkt-Nachfrage nach Quinoa, verdienen viele Subsistenzbauern im bolivianischen und peruanischen Hochland zum ersten Mal richtig Geld mit ihrem Produkt, das bisher nur zum Hausgebrauch angebaut wurde.

Viele Bauern verkaufen die Quinoa lieber, als sie selber zu essen. In vielen Andendoerfern kann man deshalb keine Quinoa mehr auf dem Dorfmarkt kaufen – oder wenn dann zu horrenden Preisen. Mit dem Erlös aus dem Quinoaverkauf für den Export kaufen viele Bauern nun das, was bisher unerschwinglich war und in der Werbung als Inbegriff eines modernen Lebens gilt: Nudeln, Thunfisch aus der Dose, eines der bunten Cola-Getränke und die unvermeidlichen Cracker als Brotersatz.

Es ist ein Paradox – und sicher nicht das einzige – des sogenannten Fortschritts, dass mehr Geld nicht automatisch zu besserer, sehr wohl aber oft zu schlechterer Ernährung führt.

Quelle: taz.de vom 18.10.2013

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10 comments on “Bolivien/Peru: Mehr Geld – mehr Hunger

    1. Ja das stimmt zu 100% ……..
      Der Arm ist ist in Wahrheit reich, der braucht nicht jeden Tag Schoppen gehen damit er einen inneren Frieden hat.

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