Russland vor Finanzdesaster

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Die russische Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ berichtet: In den kommenden Jahren wird in Russland eine Krise der „faulen Schulden“ ausbrechen, prognostizierte der russische Ex-Vizewirtschaftsminister Alexej Wedew, inzwischen Experte des Moskauer Gaidar-Instituts für Wirtschaftspolitik. Er hält die Versuche, mit der Kreditierung der Bevölkerung das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, für äußerst fraglich.

Das Gaidar-Institut warnt: „In den kommenden anderthalb bzw. zwei Jahren ist eine Krise der ‚schlechten Schulden‘ zu erwarten. Die Situation ist in der Tat katastrophal. Wir haben ein Portfolio von elf Billionen (Rubel), das gegen 16 Prozent Jahreszinsen angelegt wurde, wobei die Zahlungen bei zwei Billionen Rubel jährlich liegen.“

Experte Wedew verwies darauf, dass die meisten Schulden auf die Bevölkerungsschichten mit den geringsten Einkommen entfallen. „Die Versuche, die Kreditierung der Bevölkerung, insbesondere die Hypothekenkreditvergabe, als eine der Lokomotiven des Wirtschaftswachstums zu nutzen, rufen große Fragen hervor.“

Angesichts der schlechten Situation um die Bevölkerungseinkommen „wird ein Hypothekarkredit selbst zu zehn Prozent Zinsen für viele unerträglich“, betonte der Ex-Vizeminister.

Die von der „Nesawissimaja Gaseta“ befragten Experten stimmten zu, dass es tatsächlich gewisse Risiken gibt, sie sehen die Situation aber nicht ganz so schlimm (Russland lagert kein Gold in den USA und die Türkei zieht es ab).

„Banken bewerten ihre potenziellen Kreditnehmer sehr gründlich. Es ist unwahrscheinlich, dass sie bereit sind, fragwürdigen Kunden Wohnungskredite zu geben. Zwar sind die Anforderungen tatsächlich viel geringer, wenn wir über Verbraucherkredite oder Kreditkarten sprechen, aber auch in diesem Sektor haben nicht alle Banken ihre Anforderungen an potenzielle Kreditnehmer gelockert“, sagte der Chefanalyst bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance, Bogdan Swaritsch.

„Es ist riskant, Kredite als ‚Wirtschaftslokomotive‘ zu betrachten“, findet der Vize-Vorstandschef der „Locko-Bank“ Andrej Ljuschin. Es hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass in Russland in absehbarer Zeit eine Krise von „faulen Schulden“ ausbrechen werde. „Für den Staat wäre so etwas ungünstig, und er wird alles tun, um eine solche Krise zu verhindern“, zeigte sich der Bankier überzeugt.

„Wir können nicht behaupten, dass die Krise ausbrechen wird, aber die Dynamik der Ausgabe von Verbraucher- und Hypothekarkredite ist im Vergleich zur Dynamik der realen Einkommen der Bevölkerung besorgniserregend“, findet seinerseits Alexej Korenew von der Finanzholding Finam.

„Die Russen, die ihren Konsum am Anfang der Krisenzeit (Ende 2014 bis 2016) reduzieren mussten, konsumieren inzwischen immer mehr – egal ob gezwungenermaßen oder einfach weil sie müde sind, ewig zu sparen. Und dabei geht es ausgerechnet um den Konsum dank Krediten“, so der Experte.

Eine wichtige Rolle haben ihm zufolge dabei die Senkung der Leitzinsen durch die russische Zentralbank und die Förderung der Hypothekenkreditierung durch den Staat gespielt.

Das Problem sei aber, dass „mehr als 50 Prozent der Verbraucherkredite aktuell aufgenommen werden, um alte Kredite zu refinanzieren“, so Korenew weiter. Das sei vor allem für entlegene Regionen und für die ärmeren Bevölkerungsschichten typisch.

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„Die Menschen sind hochverschuldet und nicht imstande, ihre Schulden zu begleichen. Deshalb ziehen sie es vor, neue Kredite aufzunehmen, um die alten zu tilgen. Solange die Kreditzinsen gleich nach dem Leitzins gesenkt wurden, konnte eine solche Refinanzierung die Schuldenlast abbauen. Aber jetzt kann man nicht mehr so sicher sein, dass die Zentralbank auch weiterhin den Leitzins intensiv senken wird“, erläuterte Korenew.

Übrigens hatte das Zentralbank-Direktorium am 27. April beschlossen, den Leitzins auf dem bisherigen Niveau von 7,25 Prozent aufrechtzuerhalten.

„Die Hypothekenkreditierung leisteten einen wichtigen Beitrag zum BIP. 2017 wurden etwa eine Million Hypothekarkredite für insgesamt nahezu zwei Billionen Rubel (ungefähr zwei Prozent vom BIP) ausgegeben“, führte Korenew an. Aber das bedeute nicht, dass der Hypothekarmarkt auch weiter intensiv wachsen werde. Erstens sei die potenzielle Nachfrage zumindest beschränkt.

Zweitens „können sich sehr viele Familien nicht einmal gegen einen Null-Prozent-Zins einen Hypothekarkredit leisten“. Der Branchenkenner führte die Angaben des russischen Statistikamtes Rosstat an, denen zufolge 20,3 Millionen Russen (13,8 Prozent der Bevölkerung) unter der Armutsgrenze leben. Und in Umfragen erreicht dieser Anteil sogar 36 Prozent.

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„Wir haben eine ziemlich große sozial schwache Schicht mit einer großen Kreditbelastung. Der Trend der letzten zwei oder drei Jahre ist so: Die Menschen nehmen Kredite auf, um die früher aufgenommenen Kredite zu begleichen. Das ist natürlich der Weg in eine Kluft“, räumte Dozent Sergej Chestanow von der Russischen Akademie der Volkswirtschaft und des Staatsdienstes ein.

„Andererseits aber sind damit keine katastrophalen Risiken für das russische Finanzsystem im Allgemeinen verbunden. Selbst im Falle eines Bankrotts werden nicht alle diese Mittel verlorengehen: Das russische Bankensystem würde das hinkriegen, wenn man bedenkt, dass es schon zu 70 Prozent verstaatlicht wurde.“

„Das Problem der ‚faulen Schulden‘ besteht tatsächlich. Aber ich würde diese Situation nicht allzu dramatisieren“, sagte das Präsidiumsmitglied der Gesellschaftsorganisation „Opora Rossiji“ (dt. „Russlands Stütze“), Irina Kapitanowa. „Erstens kann man die Schulden umstrukturieren. Und zweitens wird schlimmstenfalls der Staat zu Hilfe kommen.“

Das Problem sei allerdings nicht nur, dass die Bankrottgefahr besteht, sondern auch, dass Familien, die keine neuen Schulden übernehmen wollen, zu sparen beginnen, um ihre Kredite zu begleichen, und ihre Konsumaktivitäten sinken drastisch.

Und solche Haushalte können „a priori nicht die Wirtschaftsentwicklung stimulieren“, sagte Artjom Dejew von der Finanzfirma Amarkets. „Wenn die realen Einkommen wachsen, wird die Kreditierung der Bevölkerung zum Wirtschaftswachstumsfaktor“, sagte seinerseits Chestanow. „Aber vorerst beobachten wir die Gegentendenz.“

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Literatur:

Vom Großen Krieg zur permanenten Krise: Der Aufstieg der Finanzaristokratie und das Versagen der Demokratie

Der Weg ins Verderben: Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie Sie sich davor schützen können

Der Draghi-Crash: Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt

Wer regiert das Geld?: Banken, Demokratie und Täuschung

Quellen: PublicDomain/de.sputniknews.com am 09.05.2018

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