Das Gesicht der Demokratie: 1914-2020 damals wie heute: geschwächt, erniedrigt, entehrt – die Ideologie der Niederlage

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Auszug aus dem Buch “Die Geschichte der Demokratie” von Edmund Schultz und Friedrich Georg Jünger. Die Novemberrevolution, die den Krieg beendete, die Monarchie beseitigte und eine Parlamentsdemokratie in Deutschland begründete, war das Ergebnis einer lange vorbereiteten und systematisch durchdachten Aktion.

In den sieben Jahrzehnten, die seit der Revolution von 1848 verflossen waren, war für sie eine gründliche Vorarbeit geleistet worden. Auf diese, nicht auf gewisse Folgeerscheinungen, die der Revolution unmittelbar vorausgingen, muß sich zunächst die Aufmerksamkeit wenden. In einem langwierigen Kampfe um die politische Macht gelang es wohl, die Krone zu beschränken, nicht aber sie zu beseitigen. Von Friedrich Georg Jünger

Die Kraft der Monarchie blieb auch in ihrer konstitutionellen Form groß genug, um alle republikanischen Bestrebungen in Schach zu halten. Als der Krieg ausbrach, war das Kaisertum stärker als je zuvor, und die einmütige Huldigung des Volkes galt ihm. Ohne Zweifel hätte ein siegreich beendeter Krieg die Stellung der Monarchie von neuem befestigt.

Der Verlust des Krieges vernichtete sie. In dem Maße in dem die Entscheidung ungewiß wurde, gewannen die innerpolitischen Fragen an Bedeutung. Je mehr der Krieg alle Kräfte der Nation verzehrte, desto mehr schwächte sich die Kraft des Staates nach innen hin, desto mehr wurde er aller Mittel beraubt, mit denen er den Umsturzbestrebungen hätte Einhalt gebieten können.

In dieser eigentümlichen und abnormalen Lage gewann die Reichstagsopposition einen immer größeren Einfluß, sie nutzte ihn und stellte der Monarchie ihre Bedingungen. Von ihr gingen revolutionierende Wirkungen aus. Sie bildete den festen Mittelpunkt des Umsturzes, sie war es denn auch, die ihn auswertete.

Der Krieg ist eine nationale Aktion. Sein Ergebnis trifft die politischen Einheiten als Ganzes, Führer und Geführte. Dieser Verantwortung und Haftbarmachung kann sich niemand entziehen. Demgegenüber ist die Frage, was den Verlust des Krieges verschuldete, insbesondere, ob die Novemberrevolution ihn verschuldete, von rein innerpolitischer Bedeutung. So wichtig sie sein mag, und so leidenschaftlich sie heute in Deutschland umstritten wird, wichtiger, entscheidender ist die Frage, warum die Revolution den Krieg nicht gewann.

In ihr liegt ein Maßstab zur Beurteilung und Bewertung der Ereignisse des Jahres 1918, von dem auszugehen ist. Nicht ohne Grund verbindet sich mit dem allgemeinen Begriff der Revolution die Vorstellung eines Rückgriffes auf elementare Kräfte des Lebens, ein gesteigertes Leben, der Angriff auf ein überkommenes Ordnungssystem.

Das Indienstnehmen solcher Kräfte, ihre Nutzbarmachung für den Ausbau einer neuen Ordnung gehört zum Elan des revolutionären Prozesses. Wenn wir eines jener „Vorbilder“ betrachten, mit denen in Deutschland ein stets verhängnisvoller Kult getrieben wird, die französische  Revolution von 1789, die russische von 1917, so erkennen wir sogleich das Besondere, Nationale, das sie zur Darstellung bringen.

Aber dieses beschränkt sich nicht auf sich selbst, es erschöpft sich nicht innerhalb seines territorialen Bestandes, sondern geht eine Verbindung ein mit allgemeinen Ideen, die von höchst aggressivem Charakter sind. Hier entwickeln sich Formen und Gedanken, die- bis zum Ausdruck eines Weltprinzips gesteigert- mit dem Anspruch auf Herrschaft nach allen Seiten hin übergreifen.

Ein Volk, das solche Ansprüche erhebt, erfährt durch sie eine ungeheure Stärkung. Es schafft ihnen Waffen, Heere, die keine Grenze anerkennen, die in jedes Land einzudringen versuchen und die auf das innere Gefüge der Staaten und Völker die gefährlichste Wirkung ausüben (Aus aktuellem Anlaß: „Nacht“ – Demokratie, Diktatur oder (gar) Staatsterrorismus?).

Das Kennzeichen jeder großen Revolution ist ein imperiales Bestreben, in dem der Wille zur Macht einen unbedingten Ausdruck findet. Ihre Bedeutung läßt sich an dem Maße der Feindschaft abmessen, das sie sich zu erwecken weiß. Indessen gibt es aktive und passive Revolutionen. Die Novemberrevolution rechnet zu den letzteren. In ihr fand kein Rückgriff auf elementare Kräfte statt; der Mangel an solchen bezeichnet sie geradezu.

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Nichts lag ihr ferner als der Gedanke, den Krieg fortzusetzen, ihm ein neues, gefährliches Gesicht zu geben, den Gedanken des nationalen  Widerstandes bis zum Äußersten mit den Grundsätzen der Demokratie zu verbinden. Vielmehr war es, wie die Vernichtung der militärischen Kommandogewalt und das rücksichtslose Abschneiden der zu den Fronten gehenden Transporte  sofort erwies, ihr fester Wille, ihn um jeden Preis zu beenden.

Die Gegner Deutschlands, die sie befördert hatten, betrachteten sie deshalb mit jenem Wohlwollen, das ein nützlicher Diener hervorzurufen pflegt. Sie ersparte ihnen jene kostspielige und gefährliche Besetzung des Reichsgebietes, die der Nation einen Begriff der wahren Machtverhältnisse und der ihnen innewohnenden Ideen gegeben hätte. Der einzige Mann in leitender Stellung, der in jenen Tagen die Lage Deutschlands mit mutigem Blicke übersah, der Graf Brockdorff Rantzau, erlag einer politischen Führung, die jeden Gedanken an Widerstand aufgegeben hatte.

Diese Führung kennzeichnet sich dadurch. daß sie sich ausnahmslos aus der Opposition des wilhelminischen Kaiserreichs rekrutierte. Die Revolution brachte keine neue junge Führung zum Zuge. Sie sprach keinen neuen politischen Gedanken aus. Was sich ereignete, war nicht sowohl eine Revolution als ein Zusammenbruch, der sich in revolutionären Formen vollzog. Der Novemberumsturz enthielt einen umfassenden Verzicht auf Aktion, in politischer und militärischer Hinsicht. Es war ein Akt der Anpassung an überlegene Kräfte und machte Deutschland zum Objekt der feindlichen Politik.

Die Ereignisse, die sich nach der Revolution abspielten, lassen die Jahre nach dem Kriege als einen der dunkelsten Abschnitte deutscher Geschichte erscheinen. Die eigentümlichen Tendenzen, mit denen der Krieg gegen Deutschland geführt worden war, kamen auch in dem Netz von Verträgen zur Anwendung, die den Sieg ausbeuteten. Ein politischer und wirtschaftlicher Imperialismus, der die Vorzeichen der Humanität trug, kennzeichnete alle Maßnahmen, die man gegen Deutschland ergriff.

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Diese Verteilung der Rollen machte aus Deutschland einen Feind der Menschheit und gab dem Kriege den Charakter eines humanitären Kreuzzuges und Religionskampfes. Deutschland sollte nicht allein geschwächt, sondern auch erniedrigt, entehrt werden. Man verlangte eine Art Bußübung von ihm; man prüfte den Grad der Reue, den seine Gesinnung enthielt. Der Begriff der „moralischen Abrüstung“ spielte eine bedeutende, wenn auch einseitige Rolle (Die Bankierverschwörung: Die Machtergreifung der Hochfinanz und ihre Folgen).

Die Gegner Deutschlands begnügten sich nicht damit, die von ihnen erkämpfte Überlegenheit mit politisch-militärischen Maßnahmen durchzusetzen. Sie verquickten das Recht des Stärkeren mit moralischen Druckmitteln und erzwangen als Schildhalter einer höheren Gesittung das Schuldbekenntnis.

Daß die neue deutsche Republik ein solches Verhältnis der kriegsführenden Mächte anerkannte, mußte ihrem Ansehen einen gefährlichen Abbruch tun. Sie lehnte es nicht ab, sich auf das moralische System einzulassen, das gegen Deutschland ausgearbeitet worden war. Sie bejahte die deutsche Alleinschuld am Kriege und ließ es zu, daß sie zur Grundlage des Friedensvertrages gemacht wurde. Dieses Anerkenntnis der Kriegsschuld gab der Teilnahme Deutschlands am Kriege den Charakter eines Verbrechens. Es verletzte die Pietät, die man man den Toten schuldete.

Nicht auf dem Felde der Ehre, sondern auf dem der Unehre sah man hier die Gefallenen liegen. Gegen die Lebenden richteten sich die Auslieferungsbestimmungen für Kriegsverbrecher. Ihre Aburteilung im Inlande wurde gleichsam erbettelt. Das höchste deutsche Gericht sah man damit beschäftigt, die durch drakonische Urteile zu vernichten (Die Geheimnisse der Weisen von Zion: Auf dem Weg zur Weltherrschaft)

Es ist eine eigentümliche, doch wohlbegründete Erscheinung, daß jede „Vermenschlichung“ der Politik das Politische in einer folgenschweren Weise brutalisiert. Die fortschreitende Durchsetzung der politischen Sphäre mit Lehrsätzen der liberalen Ethik, die sich auf eine allgemein menschliche Qualität beruft, begünstigt nicht nur eine zunehmende Verschleierung der politischen Machtfaktoren, sie rechtfertigt auch die unumschränkte Anwendung von Gewaltmaßnahmen gegen einen Gegner, dem man den Besitz dieser Qualität abspricht. Nicht um einen Abriß der Nachkriegsgeschichte zu geben, sondern um die politischen Folgen einer solchen Haltung aufzuzeigen, richten wir einen kurzen Blick auf die „Friedenspolitik“, welche die Entente in bezug auf Deutschland zur Anwendung brachte.

Mit der Annahme der Waffenstillstandsbedingungen, die dem Feinde ein sicheres Faustpfand für den Abschluß des Friedensvertrages gab, schied Deutschland als gleichberechtigte Macht aus der Reihe der Großmächte aus. Die Vernichtung seiner politischen und militärischen Machtstellung wurde durch den Frieden von Versailles besiegelt. Das bedeutsamste Kennzeichen dieses Friedensvertrages war und ist, daß ihm ein fest umschriebener, zeitlich begrenzter Leistungsbegriff fehlte.

Er blieb seinem Inhalte nach ein Blankettvertrag, dessen Bedingungen stets von neuem umrissen werden mußten und auch heute noch nicht endgültig festgelegt sind. Diese Tatsache erweist, daß den Gegnern Deutschlands die ernstliche Absicht des Friedensabschlusses fehlte, daß sie sich vielmehr ein Werkzeug schaffen wollten, daß ad infinitum die durch den Krieg erkämpfte Machtverteilung sicherte.

Abrüstungsbestimmungen, Gebietsabtretungen, Sachleistungen, Tributzahlungen von einem Umfange, der den Begriff der Kriegsentschädigung und der Reparation aufhob und den einer Verdingung der deutschen Arbeitskraft auf Generationen, einer Weltleibrente aus deutschen Mitteln annahm, bestätigen diesen Sachverhalt.

Während das System der Ausbeutung durch finanztechnische Mittel verfeinert und zur Vollkommenheit ausgebildet wurde, blieb, trotz einer Präzisierung der Zahlungssumme und des Zahlungsmodus, der Endtermin der Entlassung Deutschlands aus dem Kriegsschuldnerverhältnis unbestimmt.

Die Sicherung eines auf so weite Sicht angelegten Planes machte es notwendig, daß Deutschland aller Mittel beraubt wurde, die eine bewaffnete Erhebung ermöglichten. Die deutsche Heeresorganisation wurde deshalb vernichtet, die Rüstung für die Zukunft auf ein Mindestmaß beschränkt. Während ein neuer, ungeheurer Rüstungsprozeß alle Staaten beschäftigte, wurde Deutschland – ein groteskes Schauspiel – in den Schutz jener humanitären Theorien gestellt, mit denen man im Kriege seine Minderwertigkeit nachgewiesen hatte (Die Fälschung der deutschen Geschichte).

Mehr dazu im Buch “Die Geschichte der Demokratie” von Edmund Schultz und Friedrich Georg Jünger.

Quellen: PublicDomain/Bohlinger Verlagsgruppe am 28.04.2020

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