Erdbebenserie in Europa – Überschallgeschwindigkeit im Gestein

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Dynamischer als gedacht: Erdbebenwellen breiten sich nicht nur geradlinig im Gestein aus, sondern können sogar ihre Richtung umkehren – und sich auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigen. Das belegen Messungen eines unterseeischen Sensornetzwerks am Mittelatlantischen Rücken.

Diese bislang nur theoretisch vorhergesagten Richtungs- und Tempowechsel können ein Erdbeben gefährlicher machen und müssen nun stärker in Vorhersagen und Modellen berücksichtigt werden, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Ob San Francisco, Tokio oder Istanbul: Einige Ballungsräume der Erde sitzen buchstäblich auf dem Schleudersitz, denn ihnen droht ein schweres Erdbeben. Umso wichtiger ist es, das Verhalten von Verwerfungen vor und während eines Bebens möglichst genau zu kennen.

„Wie ein Erdbebenbruch sich im Gestein ausbreitet, beeinflusst stark die potenziell zerstörerischen Erschütterungen des Untergrunds“, erklären Stephen Hicks vom Imperial College London und seine Kollegen.

Sensornetz enthüllt Dynamik eines Seebebens

Das Problem jedoch: Viele Verwerfungen sind komplex und miteinander verwoben, so dass Seismologen die Erdbebendynamik an solchen Orten kaum aufschlüsseln können. Allerdings gibt es einige Fälle, in denen die Messwerte bereits auf ein Supershear-Ereignis hindeuteten – Brüche, die schneller fortschreiten als die von ihnen ausgelösten seitlich schwingenden Scherwellen. Dabei kommt es zu einer Wellenüberlagerung, die zu besonders verheerenden Schäden führen kann.

Wie schnell ein Bruch werden kann und welche ungewöhnliche Dynamik er entfalten kann, zeigt nun ein Seebeben am Mittelatlantischen Rücken. Im August 2016 kam es dort, am Ostende der 920 Kilometer lange Romanche-Transformzone, zu einem Beben der Magnitude 7,1. Ein unterseeisches Sensornetzwerk zeichnete dabei die Prozesse im Untergrund auf – und ermöglichte Hicks und seinem Team die genauere Analyse (Korrelation zwischen Sonnenaktivität und großen Erdbeben weltweit – Schwarmbeben auf den Azoren und Kanaren).

Richtungswechsel im Gestein

Die Seismometerdaten zeigten Ungewöhnliches: Nachdem sich der Bruch im Gestein zunächst mit eher langsamer Geschwindigkeit von rund einem Kilometer pro Sekunde ostwärts ausbreitete, folgte in der zweiten Phase ein abrupter Wechsel: „Anhand der Daten konnten wir erstmals beobachten, dass die Ausbreitung des Bruches einen vollständigen Richtungswechsel vollführt“, berichtet Koautorin Henriette Sudhaus von der Universität Kiel.

Der Bruch breitete sich nun westwärts aus und beschleunigte sein Tempo. Ein solcher Richtungswechsel im Gestein wurde bislang zwar theoretisch beschrieben, aber eine eindeutige Beobachtung fehlte. Die Forscher vermuten, dass diese Umkehrungen durch besonders breite Störungszonen oder mehrere Verwerfungsäste in einer solchen Zone begünstigt werden.

Eine weitere Besonderheit dieses Romanche-Bebens: Nach seinem Richtungswechsel breitete sich der Riss im Gestein mit vier bis sechs Kilometer pro Sekunde aus. Damit erreichte der Bruch Supershear-Tempo und überholte die von ihm selbst erzeugten langsameren Scherwellen. Dies führte zu einer Überlagerung, bei der eine Art Überschallkegel im Untergrund entstand. Dieser „Mach-Kegel“ war in den Seismometerdaten erkennbar.

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Beide Phänomene zusammen, Richtungswechsel und Überscherwellen-Tempo, bilden einen ungewöhnlichen und gefährlichen Mix, der die Zerstörungskraft eines Erdbebens deutlich erhöhen kann. Bislang jedoch wurde dies in den gängigen Modellen nicht berücksichtigt, wie Hicks und sein Team erklären.

„Die Möglichkeit einer sich umkehrenden Rissausbreitung fehlt in Bruchsimulationen weitgehend und kommt auch in Risikoabschätzungen nicht vor“, so die Forscher. Umso wichtiger sei es, diese Prozesse näher zu erforschen und künftig zu berücksichtigen.

Island: Erdbeben M 3,2

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Im Norden von Island gab es ein Erdbeben der Magnitude 3,2. Die Tiefe des Erdbebenherdes wird mit 10 km angegeben. Das Epizentrum befand sich 43 km nördlich von Húsavík. Im Bereich der Tjörnes-frature-zone wurden in den letzten 48 Stunden 229 Erdstöße registriert. Damit sind wir zwar weit von den Spitzenwerten entfernt, dennoch ist ein moderate seismischer Schwarm unterwegs. Auf der Reykjanes-Halbinsel manifestierten sich ebenfalls einige Beben (Erdbebenschwarm und drei starke 5+ Erdbeben auf Island – Anzeichen für einen bevorstehenden Vulkanausbruch).

Jan Mayen: Erdbeben M 2,8

Östlich der Vulkaninsel Jan Mayen bebte es mit einer Magnitude von 2,8. Das Hypozentrum lag 18 km tief. Das Epizentrum befand sich gut 15 km vor der Küste. Die Insel liegt im Nordatlantik und beherbergt den Beerenberg-Vulkan.

La Palma: Erdbeben M 2,4

Ein weiterer schwacher Erdstoß der Magnitude 2,4 ereignete sich vor der Kanareninsel La Palma. Die Tiefe des Erdbebenherdes wird mit nur 1 km angegeben. Das Epizentrum befand sich 7 km südlich von Santa Cruz de la Palma.

Wie so oft im heißen August, so werden auch dieses Jahr wieder Wärmeanomalien an den beiden italienischen Vulkanen Ätna und Vesuv detektiert. MIROVA zeigt für den Ätna eine Wärmestrahlung mit einer Leistung von 160 MW an. Der Vesuv bringt es immerhin noch auf 24 MW. Doch beide Anomalien stehen nicht mit vulkanischer Tätigkeit im Zusammenhang, sondern werden von Waldbränden verursacht.

Erdbeben vor Kreta

Südlich der griechischen Insel Kreta bebte es heute mit einer Magnitude von 4,5. Das Hypozentrum lag in einer Tiefe von 10 km. Das Epizentrum wurde 110 km südlich von Ierápetra lokalisiert. In der gleichen Gegend gab es vor einigen Wochen einen stärkeren Erdstoß. Offenbar hat sich die Erde immer noch nicht beruhigt.

Portugal: Erbeben M 4,5

Vor der portugiesischen Insel Madeira bebte es ebenfalls mit eine Magnitude von 4,5, mit einem Erdbebenherd in 10 km Tiefe. Das Epizentrum befand sich 85 km südöstlich von Funchal.

Ätna: Seismik zieht an

Die Erdbebentätigkeit am sizilianischen Vulkan Ätna hat wieder zugenommen. Gestern ereignete sich ein Erdstoß der Magnitude 2,7. Der Erdbebenherd wurde in einer Tiefe von nur 4,1 km lokalisiert. Das Epizentrum lag auf der Westflanke, 1,3 km östlich vom Monte Palestra entfernt. Wenig später ereigneten sich in der gleichen Gegend 2 Erschütterungen der Magnituden 2,0 und 1,6. Weitere schwache Erdbeben wurden unter der anderen Seite des Vulkans lokalisiert. Sie erschütterten das Valle del Bove. Auch unter dem zentralen Kraterbereich bebte es.

In den letzten 24 Stunden war der Tremor moderat und bewegte sich seitwärts, ohne große Fluktuationen aufzuweisen. Die eruptive Tätigkeit nahm ab. Aktuell wird keine Asche mehr ausgestoßen. Es kann aber noch zu sporadischen strombolianischen Eruptionen kommen.

Campi Flegrei: Stauts unverändert

Gestern veröffentlichte das INGV Napoli seinen wöchentlichen Bericht zum Status der Campi Flegrei. Es wurden nur 3 Mikrobeben aufgezeichnet. Die Bodenanhebung geht mit einer Rate von 6 mm pro Monat weiter. Geochemische Variationen waren gering. Die Gastemperatur der Fumarole von Pisciarelli betrug 115 Grad Celsius.

Seebeben erschüttert Peloponnes – keine Schäden gemeldet

Ein Seebeben der Stärke 5,1 hat am Montag die Athen vorgelagerten Inseln und die Küstenregion der Halbinsel Peloponnes erschüttert. Laut dem Geodynamischen Institut in Athen lag das Zentrum des Bebens rund 80 Kilometer unterhalb des Meeresgrundes südöstlich von Peloponnes.

Der Bürgermeister der Insel Hydra, das in der Nähe des Epizentrum des Bebens liegt, sagte, es habe keine Schäden gegeben. Die Einwohner hätten aber das Beben als einen starken Erdstoß empfunden, hieß es. Berichten zufolge war das Beben auch in Athen und Piräus sowie auf der Halbinsel Peloponnes zu spüren.

Literatur:

Die Erde im Umbruch: Katastrophen form(t)en diese Welt. Beweise aus historischer Zeit

Erde im Aufruhr

Vulkanismus

Video:

Quellen: PublicDomain/vulkane.net/scinexx.de am 24.08.2020

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