Die Schweiz und Russland: Mehr als ein Flirt

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Die Schweiz ist neutral, das ist bekannt. Doch hinter der Schweizer Zurückhaltung im Ukraine-konflikt steckt mehr: Die Alpenrepublik sieht Russland als Wirtschaftspartner mit Potential. Beide Länder verbinden eine fast 200jährige Geschichte und intensive Wirtschaftsbeziehungen.

Die EU und die USA machen Russland für die Eskalation der Krise in der Ukraine verant-wortlich, verhängen Einreiseverbote gegen russische Staatsbürger und Sanktionen gegen russische Unternehmen. Ausgerechnet da lädt Filippo Lombardi, Mitglied des Schweizer Ständerats, sechs russische Abgeordnete zu einem Schachturnier in die Alpenrepublik ein. Unter ihnen befindet sich auch Anatoli Karpow, einst Schachweltmeister und nun Mitglied der Kreml-Partei Einiges Russland.

(Foto: Der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter (links) war das einzige westliche Staatsoberhaupt, das nach der Angliederung der Krim mit Wladimir Putin zusammentraf)

Das Turnier, das mit einem Sieg der russischen Delegation endete, sei ein diplomatischer Erfolg gewesen, sagte Lombardi anschließend. Zumal das Treffen Teil des Rahmenpro-gramms zum 200jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Russland war.

Ohne Russland keine Schweiz

„Die Schweiz hat Russland in gewisser Weise ihre Existenz zu verdanken. Daran erinnern sich heute viel zu wenige“, erklärt Geri Müller, Grünen-Abgeordneter im Schweizer Nationalrat gegenüber RBTH. Vor zwei Jahrhunderten, nach der Niederlage Napoleons, drohte die Schweiz bei der Neuordnung Europas unter die Räder zu geraten und ausein-anderzubrechen. Russland machte sich jedoch für die Einheit des Landes stark und pochte auf die Neutralität der Republik. Auf dem Wiener Kongress 1815 setzte sich Russland damit durch.

Heute scheinen die Beziehungen beider Länder wieder sehr eng zu sein. Nicht nur weil sich die Schweiz nicht an den EU-Sanktionen beteiligt. Auch war Bundespräsident Didier Burkhalter das einzige westliche Staatsoberhaupt, das nach der Angliederung der Krim mit Wladimir Putin zusammentraf. Freilich ging es bei dem Treffen vordergründig um die Ukraine, da die Schweiz derzeit den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit innehat. Dennoch, auch zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi schickte die Schweiz gleich drei Bundesräte, während viele westliche Politiker den Spielen ganz fernblieben. Verteidigungsminister Ueli Maurer plauderte im Schweizer Haus mit Putin, Burkhalter traf den Außenminister Sergej Lawrow und Innenminister Alain Berset reiste zu den Paralympics.

Moderate Töne aus der Alpenrepublik

Während die meisten westlichen Staaten Kritik an Russland üben, fällt die Schweiz aus dem Rahmen. „Natürlich hat die Ukraine-Krise die Beziehungen zwischen unseren Ländern belastet“, gibt Geri Müller zu. Schließlich seien Verletzungen von inter-nationalem Recht für die Eidgenossen ein sehr sensibles Thema. Die Schweiz agiere jedoch umsichtiger als die EU und die USA, weil sie im aktuellen Konflikt keine eigenen Ziele verfolgt. „Während Brüssel die Ukraine in der EU sehen will, legt die Schweiz Wert auf aktive Neutralität, das bedeutet, dass wir uns für den Frieden einsetzen und Verhand-lungslösungen suchen“, erklärt der Politiker. Das habe sich schon in der Georgien-Krise bewährt, als beide Konfliktparteien Diplomaten aus Bern als Vermittler akzeptiert haben. „Meine Erfahrung als Mitglied der Parlamentsgruppe Schweiz-Russland zeigt, dass Schweizer mehr Vertrauen bei russischen Politikern genießen, weil hier keine verdeckten Interessen erwartet werden“, sagt Müller.

So fiel auch die Reaktion der Schweizer auf Russlands Rolle im Konflikt rund um die Ukraine sehr moderat aus. Zwar müsse das Land als Mitglied des Schengener Ab-kommens auch die Einreisesperren gegen russischen Staatsbürger mittragen, friert aber keine Konten ein. Man beschränkt sich allein auf ein Exportverbot von militärischen Gütern nach Russland und eine Vertagung der Verhandlungen über eine Freihandelszone zwischen der Alpenrepublik und der eurasischen Zollunion.

Nach offizieller Leseart möchte die Schweiz als Vermittler auftreten und wird daher auch in Zukunft für keine der Parteien eine klare Positionbeziehen. Klar ist jedoch, dass die Schweiz in ihren Beziehungen zu Russland viel zu verlieren hat. So hatte Russland im Vergangenen Jahr die Eidgenossen zum G20-Gipfel nach Sankt-Petersburg geladen, wo es auch um die künftige Finanzmarktregulierung gehen sollte. Die Schweiz wiederum hat zuvor den WTO-Beitritt Russlands ermöglicht, in dem sie im Streit mit Georgien, das zuvor Moskaus Mitgliedschaft blockiert hat, vermittelt hat.

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„Bärenstarke“ Exporte nach Russland

Erst kürzlich freute sich zudem das Schweizer Statistik-Amt über „bärenstarke Exporte“ nach Russland, die seit dem Zerfall der Sowjetunion jährlich zwölf Prozent zugelegt haben und mittlerweile einen Umfang von fast 2,5 Milliarden Euro erreichen. Damit entfallen auf Russland rund 1,5 Prozent des Schweizer Exportvolumens.

Viel wichtiger aber sind die Aktivitäten russischer Konzerne in der Schweiz. Nach Angaben des Rohstoffberichts des Schweizer Bundesrats werden etwa drei Viertel der russischen Ölexporte über Genf abgewickelt, etwa über das in der Schweiz ansässige Ölhandelsunternehmen Gunvor. Und auch Lukoil und Rosneft haben Vertretungen am Genfer See. Viele weitere russische Großkonzerne wie Norilsk Nikel, Evraz, Severstal und Metschel unterhalten ebenfalls Handelsabteilungen in der Schweiz. Diese Waren-ströme tauchen allerdings nicht in der Außenhandelsstatistik der Alpenrepublik auf, weil das Erdöl natürlich nicht die Schweizer Grenze überschreitet, sondern direkt an Abnehmer verkauft und geliefert wird.

Doch die Zusammenarbeit beschränkt sich nicht nur auf den Handel. Russische Investoren, allen voran der Milliardär Wiktor Wekselberg, interessieren sich auch für Schweizer Technologieunternehmen. Seine Holding Renova hält Anteile an mindestens vier Schweizer Unternehmen, darunter 44 Prozent am Maschinen- und Anlagenbauer Oerlikon und rund 40 Prozent am Spezialstahl-Hersteller Schmolz+Bickenbach. Zudem ist natürlich auch der Bankensektor für wohlhabende Russen interessant. Kürzlich bekannte German Gref, der Chef des größten Finanzinstituts Sberbank, in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung freimütig: „Die großen russischen Private-Banking-Kunden sind heute alle in der Schweiz.“

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Quellen: Ria Novosti/de.rbth.com vom 20.08.2014

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6 comments on “Die Schweiz und Russland: Mehr als ein Flirt

  1. WERTE DER NEUTRALITÄT

    >Während Brüssel die Ukraine in der EU sehen will, legt die Schweiz Wert auf aktive Neutralität, das bedeutet, dass wir uns für den Frieden einsetzen und Verhand-lungslösungen suchen“, erklärt der Politiker. Das habe sich schon in der Georgien-Krise bewährt, als beide Konfliktparteien Diplomaten aus Bern als Vermittler akzeptiert haben.

    Lassen wir mal den wirtschaftlichen Aspekt beiseite, die neutralen Staaten nützlich sind und separat kritisch analysiert werden müssen.

    Eine ganz andere Überlegung: Gäbe es nicht wesentlich mehr vor allem auch grosse neutrale Staaten, würde dies durch die daraus resultierende wesentlich stärkere neutrale diplomatische Aktivität nicht dazu führen wesentlich mehr dazu beitragen, dass Kriege vermieden und mehr Stabilität herbeigeführt würde?

    Andersrum das Beispiel von Militärbündnissen. Genau das dürfte es nicht geben, weil das induziert sogenannte Flächenbrände. Die besten Beispiele waren doch die beiden Weltkriege mit schrecklichsten Ausmassen.

    Ich bin daran interessant Meinungen dazu zu lesen, sofern sie nicht emotional gefärbt, jedoch von logischem Sachverstand geprägt sind.

    1. Es geht bei dieser ganzen Angelegenheit der Parteinahme von EU und seinen Anhängern gegen Russland doch auch um ideologische „Befindlichkeiten“ und dies interessanterweise, obwohl es den Sowjet-Kommunismus schon lange nicht mehr gibt. Dass bei dieser ganzen traurigen Auseinandersetzung die faschistoide Tendenz ukrainischen Regierung wohlwollend unter den Tisch kehrt wird, ist politisch – milde ausgedrückt – schlichtweg eine verdammte Sauerei.

      Was Deutschland betrifft, es ist doch einfach unerträglich wie beinah hörig-gehorsam die Tante Angela dem Missionar Barack (Baragg[e]) Obama folgt. Da kann es einem echt übel werden.

      Darf ich an des Telefonat der hellblonden Yulia erinnern, die in höchstemotionaler Form zum Ausdruck brachte, dass sie am liebsten an die Front gehen würde um ein paar Russen zu erschiessen. Dieses Video gibt es hier im PRAVDA-TV. Ich habe es selbst gehört und war ob dieser Äusserung äusserst schockiert.

      Ich erinnere mich aber noch an etwas anderes, das mir zeigt, dass Deutschland bis heute die Nazizeit nicht oder zuwenig aufgearbeitet hat. Als es vor vielleicht etwa 20 Jahren in einer deutschen Grossstadt ein Aufmarsch gab von „Links“ und „Rechts“, hat sich die Polizei nur gegen „Links“ aggressiv eingesetzt. Die Neonazis kamen ungeschoren davon.

      Dazu muss ich allerdings deutlich zum Ausdruck bringen, Deutsche die ich persönlich kenne, empfinden eine grosse Abneigung gegen das Rechtsextreme. Ja sie schämen sich sogar dafür, dass das Nazitum (tum = Macht) in Deutschland wieder so einflussreich geworden ist.

      Eine Neonazi sagte mal an einem TV-Interview, dass es überhaupt keine grosse Sache wäre, die Regierungsgewalt an sich zu reissen. Leute und Organisation gibt es genug. Es gibt eigentlich nur ein Problem: Einen geeigneten charismatischen Führer zu finden. Na dann, Prost. 🙁

      1. Na ja ? Zahlenmäßig schaut es ungefähr so aus. Demo von 300 Neonazis wird von mind.500 Polizisten eskortiert und beschützt – gegen 5000 Gegendemonstranten. Agenten werden in die Gegendemo eingeschleust um der Polizei einen Angriffspunkt zu geben und die Gegendemo aufzulösen.
        BND – V-Männer werden gut bezahlt in NPD etc. Vereinigungen eingeschleust. Das zeigt auch der NSU-Prozess. Wegen dieser Verquickung zwischen BND und der rechten Szene ist es auch unmöglich, wie immer wieder gefordert, die NPD zu verbieten. Gibt sicher solche Videos auf Youtube. Aber ich selbst mag mir mein Leben auch nicht ständig mit diesen „be…… “ Szenen vermiesen.
        Siehe z.B. dieses Viedo

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